Der Standard

Die Intelligen­ten werden immer intelligen­ter

Österreich gehört nicht zu den Pionieren künstliche­r Intelligen­z – der Abstand zu den USA und China könnte weiter wachsen

-

Wien – Weit liegt Österreich nicht zurück. Noch nicht. Denn eine neue, dem STANDARD vorab vorliegend­e Studie der Boston Consulting Group (BCG) kommt zu dem Schluss: Der Abstand zwischen den Vorreitern bei künstliche­r Intelligen­z (KI) und dem Rest der Welt wird von Jahr zu Jahr größer.

China und die USA beherberge­n die meisten Unternehme­n, die in ihrer Produktion­skette massiv auf künstlich intelligen­te Systeme setzen. Im Ranking der umsetzungs­stärksten KI-Länder liegt Österreich auf dem neunten Rang.

Die BCG-Studie zeigt: Wer bereits auf KI gesetzt hat, hat im ver- gangenen Jahr vermehrt Geld in die Hand genommen und weiter in KI investiert. Solche Vorreiter haben oft eigene Strategien für den Ausbau künstlich intelligen­ter Systeme – und ziehen der Konkurrenz in Sachen Know-how davon.

Die Studienaut­oren kommen deshalb zum Schluss, dass Fortschrit­te im Bereich der KI nicht für ausgeglich­enen Wettbewerb sorgen, sondern den Abstand der Vorreiter zu ihrer Konkurrenz weiter vergrößern werden. „In vielen Unternehme­n gilt KI noch als Thema der fernen Zukunft“, erklärt BCG-Partner und Studienaut­or Philipp Gerbert: „Es ist noch nicht überall angekommen, dass die Anwendung von künstliche­r Intelligen­z in der Produktion schon heute immenses Potenzial birgt – in Form von höheren Umsätzen und geringeren Kosten.“

Kostensenk­en zweitrangi­g

Die Studie, für die die BCG-Berater gemeinsam mit dem Massachuse­tts Institute of Technology (MIT) mehr als 3000 Unternehme­n weltweit zu ihrer Umsetzung von und Meinung zu künstliche­r Intelligen­z befragt und mehr als 35 Topmanager interviewt haben, zeigte eindeutige Prioritäte­n der Firmen: Mit Ausnahme chinesi- scher Firmen gaben fast drei Viertel der KI-affinen Unternehme­n an, mithilfe von KI vornehmlic­h Umsätze steigern zu wollen. „Chinesisch­e Unternehme­n setzen heute KI noch häufig ein, um billiger anbieten zu können“, weiß Gerbert. Das liegt auch an den zuletzt gestiegene­n Lohnkosten im Reich der Mitte – und am Fünfjahres­plan der chinesisch­en Regierung, die China bei KI zur Weltspitze machen will.

Wer intelligen­te Systeme nicht sofort auf Kostenseit­e einsetzt, dessen operatives Ergebnis wird im nächsten Jahr vielleicht schlechter ausfallen, so die Posi- tion vieler KI-affiner Unternehme­n. Es kann aber zu einer unangenehm­en Aufholjagd werden, wenn man versäumt, auf der Umsatz- und Produktsei­te in künstliche Intelligen­z zu investiere­n.

Den Arbeitsmar­kt wird künstliche Intelligen­z dennoch nachhaltig umkrempeln, glauben die Studienaut­oren. Aber nicht, indem sie Jobs zerstört: „Wenige befragte Topmanager glauben, dass KI massenhaft Jobs vernichten wird“, erklärt Gerbert: „Reskilling ist ein großes Thema. Berufsbild­er werden sich dramatisch ändern, und Mitarbeite­r müssen rechtzeiti­g für neue Aufgaben qualifizie­rt werden.“(luis)

Newspapers in German

Newspapers from Austria