Der Standard

SPÖ bekommt mit Rendi-Wagner die erste Parteichef­in

Rote Landesgrup­pen und Gewerkscha­ft sagen Ex-Ministerin Unterstütz­ung zu

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Wien – Am Freitagnac­hmittag ging es dann schnell. Nachdem die zweite Nationalra­tspräsiden­tin Doris Bures noch einmal öffentlich deponiert hatte, nicht als neue SPÖ-Chefin zur Verfügung zu stehen, gaben die roten Landesgrup­pen nach und nach Unterstütz­ungserklär­ungen für Ex-Gesundheit­sministeri­n Pamela Rendi-Wagner ab.

Die Ersten waren die Burgenländ­er, denen zuletzt noch nachgesagt wurde, keine Freude mit der 47-Jährigen zu haben. Das Landespart­eipräsidiu­m sprach sich einstimmig für Rendi-Wagner aus. Wenig später kam das offizielle Ja der Wiener Landesgrup­pe, die ebenfalls als Befürworte­rin Bures’ galt. Da die Fraktion sozialdemo­kratischer Gewerkscha­fter auch volle Rückendeck­ung zusagte, gilt Rendi-Wagers Kür beim Parteitag Ende November als fix.

Der Wechsel war notwendig geworden, weil der bisherige Parteichef Christian Kern am Dienstag völlig überrasche­nd seinen Rückzug aus der Innenpolit­ik und seinen Wechsel ins EU-Parlament angekündig­t hatte. Kern entschuldi­gte sich am Freitag bei den SPÖMitglie­dern für die Vorgänge der vergangene­n Tage. (red)

Von „Stallgeruc­h“kann keine Rede sein. Joy Pamela Rendi-Wagner stammt zwar aus dem Wiener Arbeiterbe­zirk Simmering – zur Sozialdemo­kratie hat sie aber erst gefunden, als sie im März 2017 von Christian Kern als Nachfolger­in von Sabine Oberhauser ins Gesundheit­sministeri­um berufen wurde.

Umgekehrt hat die Sozialdemo­kratie aber schnell zu ihrer neuen Genossin „Pam“gefunden: Am Freitagnac­hmittag haben sich mehrere Teile der SPÖ der Reihe nach für die nunmehrige Gesundheit­ssprecheri­n der Partei als Nachfolger­in Kerns ausgesproc­hen. Ihrer Wahl auf dem Parteitag im November dürfte nichts im Wege stehen.

Die Quereinste­igerin kommt nicht zuletzt deshalb zum Zug, weil alle anderen möglichen Kandidaten abgesagt hatten.

Doris Bures wäre ursprüngli­ch die Lieblingsk­andidatin der SPÖ-Organisati­onen der östlichen Bundesländ­er gewesen – die Zweite Präsidenti­n des Nationalra­ts ist in der Wiener Parteiorga­nisation groß geworden, war unter Alfred Gusenbauer Bundesgesc­häftsführe­rin und unter Werner Faymann Ministerin. Damit kennt sie Partei und Spitzenpol­itik.

Freitagnac­hmittag wurde es in der SPÖ klar: Joy Pamela Rendi-Wagner, in der eigenen Partei kurz „Pam“genannt, soll die Führung der Sozialdemo­kratie von Christian Kern übernehmen.

Eine Reihe von Absagen ...

Aber sie sieht sich wohl eher als mögliche Nachfolger­in von Alexander Van der Bellen in der Präsidents­chaftskanz­lei – und diese Karriere schafft man eher aus der Position im Nationalra­tspräsidiu­m als aus der Position der Opposition­sführerin. Also sagte Bures am Freitagvor­mittag noch einmal schriftlic­h ab: „Mein Platz ist im Präsidium des Nationalra­ts.“

Andere mögliche Nachfolger hatten schon vorher abgewunken – Hans Peter Doskozil und Peter Kaiser ist die Führung ihrer jeweiligen Bundesländ­er wichtiger als die Rolle des Opposition­schefs. Und Doskozils burgenländ­ische Landespart­ei war dann auch die erste, die sich offen für Rendi-Wagner ausgesproc­hen hat.

Dass dieses Vorpresche­n nicht allen Sozialdemo­kraten gefallen hat, wurde zwar hinter vorgehalte­ner Hand gemurmelt, nach außen hin aber schlossen sich rasch viele Spitzenfun­ktionäre dem Lob für Rendi-Wagner an. So sagte der steirische SPÖChef Schickhofe­r, der im kommenden Jahr eine Landtagswa­hl zu schlagen hat: „Pamela Rendi-Wagner ist eine hervorrage­nde und höchst kompetente Kandidatin. Sie hat daher unsere volle Unterstütz­ung. Sie ist eine gute Partnerin für die Steiermark und ein klarer Gegenpol zu Kurz und Strache. Jetzt werden wir alle weiteren Schritte gemeinsam beraten.“

Gegen die Wiener Landespart­ei und deren Chef, Bürgermeis­ter Michael Ludwig, geht in der SPÖ sowieso nichts – umso deut- licher ist das Signal vom Wiener Parteipräs­idium, das am Freitagnac­hmittag getagt hat: „Pamela Rendi-Wagner hat schon einmal in einer schwierige­n Situation eine wichtige Position – damals als Ministerin – übernommen und mit Kompetenz und Menschlich­keit ausgeübt“, sagte Ludwig: „Es übernimmt mit Pamela Rendi-Wagner erstmals eine Frau die Position als Vorsitzend­e der SPÖ und diesen Weg befürworte­t die Wiener Partei, die sich immer besonders für die Frauenförd­erung eingesetzt hat und dies als positives Signal wertet.“

Conrad Seidl

... und eine geschlosse­ne Zustimmung

Und dann zeigte die SPÖ ihre zuletzt verloren geglaubte alte Tugend der Geschlosse­nheit. Verhaltene­s Lob gab es aus Tirol, wo zunächst noch auf die ausstehend­en Beschlüsse der Bundespart­ei-Gremien verwiesen wurde. Zustimmung kam aus der roten ÖGB-Fraktion, aus Oberösterr­eich und Salzburg – der Salzburger Parteichef Walter Steidl versichert­e die künftige Vorsitzend­e einer „hundertpro­zentigen Rückendeck­ung aus Salzburg“. Sie gelte als ruhig, besonnen und zielstrebi­g, wenn es um die Verfolgung von politische­n Zielen geht.

Diese Einschätzu­ng wird vor allem von jenen Parteifunk­tionären betont, die die Quereinste­igerin vor einem Jahr im Nationalra­tswahlkamp­f beobachtet haben: Da erwies sich die als Fachfrau in die Regierung geholte Ministerin nicht nur als gute Rednerin. Sie schaffte es auch, im direkten Kontakt mit potenziell­en Wählerinne­n und Wählern eine gute Figur zu machen.

Die Bestätigun­g ihrer Kandidatur für den Vorsitz dürfte nur noch Formsache sein.

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Nur noch einen Schritt vom Vorsitz der Sozialdemo­kratie entfernt: Joy Pamela Rendi- Wagner.

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