Kosovo: Thaçi ziemlich alleine
Opposition und Regierung weiter gegen Grenzänderung
Prishtina/Mitrovica – Er steht ziemlich alleine da. Nachdem der kosovarische Präsident Hashim Thaçi in einem offenen Brief nochmals die Idee eines Gebietsaustauschs mit Serbien bekräftigt hat, wandten sich Politiker der Regierung und der Opposition wieder dagegen. Der Führer der Partei Vetevendosje, Albin Kurti, kündigte für den 29. September Demonstrationen in Prishtina an. Premier Ramush Haradinaj wiederholte, dass sich durch Grenzänderungen die Tragödien der Vergangenheit wiederholen könnten.
Die im Nordkosovo lebenden Serben verstehen den Nordkosovo ohnehin als Teil von Serbien, wenngleich wichtige Institutionen wie etwa das Justizsystem in die kosovarischen Strukturen integriert wurden. Allerdings hat in jüngster Zeit eine ziemlich große Anzahl von serbischen Mitgliedern der Kosovarischen Sicherheitskräfte (KSF) – militärisch geschultes Personal – offenbar aufgrund des Drucks aus Belgrad ihre Positionen in den KSF aufgegeben.
Dies ist ein Hinweis, dass die Integration in die kosovarischen Strukturen rückläufig ist. Auf den Hauswänden in Nordmitrovica fällt ein schwarzer Graffitidruck, des Gesichts eines Politikers, auf: Oliver Ivanović wurde im Jänner auf offener Straße aus einem Auto heraus erschossen. Das Graffito ist eine Erinnerung daran, wofür er stand: Ivanović war unabhängig von Belgrad. Er setzte sich für das Zusammenleben von allen ein: Serben, Albaner, Bosniaken, Roma. Er sprach offen von der Mafia, die den Norden kontrolliert und die Leute tyrannisiert.
Für viele Serben hier im Norden würde sich durch eine Grenzänderung nichts ändern, trotzdem haben einige Bedenken. „Was ist dann mit den Serben aus dem Süden?“, wirft Dražen R. ein – blonde Haare, kurze Jeans und ein freundliches Lachen. „Für die Serben im Süden ist die Grenzänderung schlecht, denn sie wären dann von uns hier komplett abgeschnitten.“
Multiethnisches Land
Auch Miodrag Milićević, der sich seit vielen Jahren für die Aussöhnung von Albanern und Serben einsetzt, ist „tief besorgt“über die Konsequenzen für die Serben im Südkosovo, wo die meisten von ihnen leben.„Wieso soll man jetzt im 21. Jahrhundert über Bevölkerungsaustausch sprechen? Und wieso geben wir ein multiethnisches Land auf?“, fragt er. Milićević fordert, dass endlich der Plan auf den Tisch gelegt wird, denn bislang wird diskutiert, ohne dass die Betroffenen überhaupt wissen, wo die Grenzen genau verlaufen sollten.