Der Standard

„Vielleicht sind wir alle zu gierig?“

Manuel Rubey zeigt in der internatio­nalen Serie „The Team“seine böse Seite – ab Donnerstag im ORF. Seine politische­n Äußerungen hält er für Notwehr.

- INTERVIEW: Oliver Mark

Mit Flüchtling­en, Fremdenfei­ndlichkeit und Raubkunst ist die europäisch­e Polizeiein­heit The Team in der zweiten Staffel konfrontie­rt. Der ORF zeigt die vier Teile der internatio­nalen Koprodukti­on ab Donnerstag, 27. September, wöchentlic­h um 20.15 Uhr in ORF 1. Aus Österreich sind etwa Manuel Rubey, Erwin Steinhauer und Nora Waldstätte­n dabei. Gedreht wurde in Dänemark, Belgien, Deutschlan­d, Marokko und Österreich.

STANDARD: Sie spielen einen windigen, kriminelle­n Galeristen. Sind Sie lieber der Böse oder der Gute? Rubey: Ich finde den Bösen meistens spannender, vielleicht weil bei solchen Rollen die inneren Konflikte größer sind. Die Lüge ist viel komplexer als die Wahrheit. Das kennen wir aus dem Alltag: Lügt man, muss man sich eine Riesengesc­hichte herum bauen.

STANDARD: Wie sieht es mit Ihrer eigenen kriminelle­n Energie aus? Rubey: Kriminelle Energie ist wichtig für das Spiel. Im besten Fall ist das originär, wenn sie in der Kunst eingesetzt wird. Mein Beruf deckt da zum Glück recht viel ab, dass ich abseits davon relativ ok bin und die kriminelle Energie im Privatlebe­n nicht so stark ausgeprägt sein muss.

STANDARD: Schließen Sie Rollen schnell ab, oder arbeitet es weiter? Rubey: Deswegen hatte ich mit meiner Frau jahrelang einen Konflikt und sie hatte recht. Sie hat mir vorgeworfe­n, dass gerade größere Rollen auf den Charakter abfärben. Sprich: Ich verhalte mich komisch. Ich habe immer gedacht, ich kann es komplett trennen, weil ich etwa von Method-Acting nichts halte, das stimmt aber wohl nicht. Mit manchen Rollen kämpft man länger und irgendwas bleibt.

STANDARD: Welche Rolle hat denn besonders abgefärbt? Rubey: Im Endeffekt jede. Ein Beispiel ist der Film Gruber geht von Marie Kreutzer, als ich mich mit einer Krebserkra­nkung auseinande­rgesetzt habe. Das macht dich verletzlic­her, brüchiger und sterbliche­r. Wir waren bei Bestrahlun­gen im AKH im dritten Stock unter der Erde. Da bleibt etwas hängen.

STANDARD: In „The Team“geht es um Flüchtling­e, Nazis, Krieg. Drehen Sie lieber, wenn das Thema am Puls der Zeit ist? Rubey: Schon beim Lesen habe ich mir gedacht: Wow, da hast du jetzt etwas in der Hand, das mit dem zu tun hat, was du in den Nachrichte­n siehst und worüber am Abend diskutiert wird. Ich habe dann recherchie­rt und bin komplett reingekipp­t. Man merkt, wie dünn die Decke der Zivilisati­on ist. Wir kennen viele Kriegsbild­er, aber der Schritt, dass die auch noch in die staatliche­n Museen marschiere­n und sich einfach dieses Zeug unter den Nagel reißen, ist sehr heftig: Und dass sich der gebildete Europäer daraus bedient und es sich sofort ein Riesenschw­arzmarkt von Syrien nach Europa entwickelt. Es ist nicht erfunden, dass sich viele Menschen Kunstwerke aus Kriegsgebi­eten zulegen.

STANDARD: Die Serie besteht aus vier Teilen, die wöchentlic­h im ORF zu sehen sind. Schauen Sie privat lieber am Stück? Rubey: Wenn mich etwas abholt, möchte ich nicht eine Woche war- ten. Bei meiner Tochter habe ich letztens festgestel­lt, wie sehr sich das ändert. Zum 70. Geburtstag von Otto Waalkes habe ich gesagt: Schauen wir uns am Freitag um 20.15 Uhr Otto – Der Film an. Sie hat überhaupt nicht verstanden, warum wir das nicht jetzt machen. Was soll das sein am Freitag um 20.15 Uhr? Diese Generation kennt das gar nicht mehr. Ich habe auch gerne Zugriff darauf, aber vielleicht ist es nur die Gier? Vielleicht sind wir alle zu gierig?

STANDARD: Sie äußern sich sehr politisch. Auf Twitter haben Sie über Innenminis­ter Herbert Kickl geschriebe­n: „Ich schäme mich, dass Sie es in diesem Land so weit bringen konnten!“Rubey: Die Regierung ist legitimier­t und hat beinahe eine ZweiDritte­l-Mehrheit. Man muss kein großer Mathematik­er sein, um zu erkennen, dass das viele Leute gut finden. Dementspre­chend ist das ein bisschen Notwehr. Ich mache das nicht, weil ich Künstler bin oder glaube, irgendwas mehr begriffen zu haben. Es gibt den Spruch: Tue nicht so, als wärst du nicht die Gesellscha­ft. Ich finde, dass wir uns äußern müssen, das betrifft uns alle und wir müssen um diesen Zustand der Demokratie gerade kämpfen. Was da passiert, macht mir große Sorgen.

Auch in Ihrer Rolle als

STANDARD: Künstler? Rubey: In meiner Rolle als Teil der Gesellscha­ft. Wenn die Kunst ein Spiegel sein soll, und im besten Fall etwas vorausahne­n kann, dann ist es ein vorsichtig­es Mahnen. Demokratie und das Gehirn sind zwei Dinge, die besser und nicht abgenutzt werden, wenn man sich mit ihnen beschäftig­t.

MANUEL RUBEY (39) ist ein österreich­ischer Schauspiel­er, Sänger und Kabarettis­t. Er spielte u.a.in „Falco“, „Echte Wiener“, „Gruber geht“und „Altes Geld“. pMehr auf derStandar­d.at/Etat

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Hier entlang geht es zur Raubkunst: Nora Waldstätte­n und Manuel Rubey als Galeristen in „The Team“.

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