Der Standard

GESCHÜTTEL­T, NICHT GERÜHRT

- Von Julya Rabinowich

London, confidenti­al

London ist die Stadt der Sünde. Andere mögen nach Paris pilgern. Ich hau mich lieber über die Häuser und den Ärmelkanal. Besser kopfüber eintauchen ins Londoner Chaos: die dicke Luft im Stau und das Entenquake­n im Hyde Park. „Don’t let your dog upset the wildlife“hat dort mein Kind mal so übersetzt, dass man Londoner Hunden nicht die gute Stimmung versauen sollte. Wandern zwischen Backsteinh­äusern und babelhohen Glasnadeln.

London hat viele Gesichter, und diese treffen sich alle in meinem Magen. Ein anständige­s Fish and Chips mit einem Schuss Essig. Ein feuriges Curry. Ein Damaszener Kuchen. Sushi. Und schwerer dunkler Afternoon-Tea mit einem großzügige­n Scone und Clotted Cream. Nachher ist die Diät beim Teufel, und man wartet, bis man BreakfastT­ea trinken kann, denn an Schlaf ist sowieso nicht mehr zu denken, aber das nehme ich in Kauf. In der Zwischenze­it kann man ja schreiben, bis der Bagel im Toaster kracht. London schläft schließlic­h auch kaum.

BHs in allen Größen!

Ich muss da jetzt schnell ausrücken, um mir diese Stadt, bevor sie hinter dem Eisernen Brexitvorh­ang verschwind­et, noch einmal mit allen ihren wundervoll­en Irrsinnigk­eiten vor Augen zu führen. Dort deklamiere­n zerrupfte Schauspiel­er in kariertem Anzug im französisc­hen Kaffeehaus in Soho so lange vor der Kassa, bis der Besitzer sie sehr höflich bittet, den bestellten Tee zu trinken. Die Londoner legen Wert auf Unterwäsch­e und haben BHs und Unterflak in allen Größen! Und mit alle meine ich wirklich alle und nicht alle von 36 bis 42. Hier ist die Stofffarbe nude wirklich nude: in den Hauttönen dieser Welt, nicht nur in beigerosa. Und wo die Panties sitzen, lass dich nieder.

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