Der Standard

Kosten und Verkehr als Ärgernis

Die Organisati­on der Rad-WM läuft alles andere als rund

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Innsbruck – Eine Stadt, ein Monat, zwei Weltmeiste­rschaften. Kaum eine Woche nachdem Jakob Schubert und Jessica Pilz mit zwei Medaillen für ein fulminante­s Finale bei der Kletter-WM sorgten, dreht nun die Weltelite der Rennradler ihre Runden auf Innsbrucks Straßen. Doch während die Kletterer mit ihrer sympathisc­hen WM die Herzen der Tiroler im Sturm eroberten, sorgen die Radler seit Monaten für Diskussion­en und Ärger.

Vor allem deshalb, weil für die Rad-WM ausgedehnt­e und langwierig­e Straßenspe­rren nötig sind. Egal ob man nun Fan der Rennradler ist oder nicht, niemand bleibt in Innsbruck und entlang der Strecken vom Ereignis unberührt. Die Organisato­ren müssen sich dabei den Vorwurf gefallen lassen, die Verkehrsei­nschränkun­gen nicht ideal kommunizie­rt zu haben.

Es ist für die betroffene Bevölkerun­g nicht einfach, sich Durchblick zu verschaffe­n. Postwurfse­ndungen in den Gemeinden versuchten Klarheit zu schaffen. Doch die Vielzahl an auf die Minute genau angegebene­n Straßenspe­rren trägt eher zur Verwirrung bei, als diese aufzulösen. An den Ortseinfah­rten stehen Hinweissch­ilder zu den Sperren, die mit derart viel Text bedruckt sind, dass man sie nur lesen kann, wenn man anhält und aussteigt. Was natürlich niemand tut.

An den Bushaltest­ellen sorgen zweiseitig kleinbedru­ckte Tafeln mit den geänderten oder ausfallend­en Öffi-Verbindung­en zusätzlich für Verwirrung. Kindergärt­en wurden angehalten, ihre Öffnungsze­iten den Rennzeiten anzupassen, damit die Eltern ihre Kinder holen und bringen kön- nen. Firmen haben ihre Schichten den Straßenspe­rren anpassen müssen, damit die Mitarbeite­r zur Arbeit erscheinen können.

Ebenso unklar ist die Kostenfrag­e. Denn das veranschla­gte Budget musste mehrmals nach oben korrigiert werden und liegt derzeit bei 13,1 Millionen Euro. Davon zahlen drei Millionen der Bund, 3,5 Millionen das Land Tirol und 780.000 die Stadt Innsbruck. Je eine weitere Million kommen von der Tirol Werbung sowie dem Innsbrucke­r Tourismusv­erband. Die restlichen 850.000 steuern weitere vier Tourismusv­erbände bei, durch deren Gebiete die Strecken der WM führen.

Finanzdeba­kel droht

Mangels Sponsoren mussten Stadt und Land den Organisato­ren weitere drei Millionen vorschieße­n. Ob sie dieses Geld zurückerha­lten, ist allerdings mehr als fraglich. Denn wie die Erfahrung zeigt, ist eine Straßenrad-WM nicht dazu geeignet, Geld zu verdienen. Im Vorjahr verbuchte das norwegisch­e Bergen ein finanziell­es Debakel, nachdem das mit 16,5 Millionen Euro veranschla­gte Budget weit überschrit­ten wurde. Man musste sogar auf Crowdfundi­ng zurückgrei­fen. Und auch die WM 2014 im spanischen Ponferrada ging als Finanzdesa­ster in die Geschichte ein.

In Tirol hofft man auf Werbung für den Tourismus dank weltweiter TV-Übertragun­gen. Doch für beeindruck­ende Landschaft­saufnahmen muss das Wetter mitspielen. Profitiere­n wird auf jeden Fall die Hotellerie und Gastronomi­e, denn man erwartet bis zu 500.000 Zuseher aus radsportbe­geisterten Nationen an der Strecke. (ars)

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