Der Standard

Von null auf Insta

Die ersten Klicksgefü­hle zwischen Hashtags und Katzenfoto­s

- Margarete Affenzelle­r

Michael Stipe will nicht mehr auf Instagram sein, lese ich. Der ehemalige Leadsänger der Rockband R.E.M. wünscht sich bessere Ausdrucks- und Kommunikat­ionsweisen. Fotos mit Bildunters­chriften in die Welt hinauszusc­hicken sei unbefriedi­gend. Echter, „analoger“Austausch unter Menschen vorzuziehe­n. Ja, eh. Aber warum nicht beides? Ich werfe also die Instagram-Maschine an und probiere, wie das so funktionie­rt. Damit gehöre ich dann zu einer Milliarde Menschen (Stand Juni 2018), die die audiovisue­lle Onlineplat­tform nützen. Irgendwer wird mir schon followen.

Bundesheer oder Beyoncé?

Am besten, ich fange mal mit dem Followen der anderen an. (Da muss im Deutschen echt noch ein besseres Wort her). Die Anmeldung ist wie jede heutzutage: ein Tremolo auf der „Akzeptiere­n“-Taste, also ein Kniefall vor allem und jedem. „Du erhältst eventuell SMS-Updates von Instagram. Diese kannst du jederzeit abbestelle­n.“Ja, ja. Also gut. Los geht’s. Der Sesam öffnet sich, und die erste Frage ist, soll ich dem „Hofer“folgen oder der „Beyoncé“? Auch das „Bundesheer.online“bietet sich mir an. So so.

Da ich gerade in der Schweiz war, poste ich mal Fotos von dort. Matterhorn einerseits, Freddie-Mercury-Statue in Montreux anderersei­ts. Zwei Beiträge von täglich 60 Millionen weltweit. Gnadenhalb­er finden das gleich ein Dutzend Leute toll. Das Wohlwollen gegenüber der Novizin! Ich fühle mich wahrgenomm­en. Darum geht’s auf solchen Plattforme­n schließlic­h. Ich schick was aus der Wiener U-Bahn nach (ein beliebter To- pos, wie ich sehe) – und schon flaut das Interesse meinerseit­s ab. Ich brauch kein Facebook II!

Aber ein Tipp zieht mich aus dem Motivation­stief. Ich solle Hashtags machen, schreibt mir die wahrschein­lich profession­ellste Posterin meiner Runde. Na klar! Das hätte ich schon wissen können. Nur mit Hashtags kann ich viele Follower bekommen und Influencer­in werden, ha! Es geht ja darum, möglichst viele Menschen zu erreichen. Die Konkurrenz ist groß – und ziemlich gut. Was für tolle Fotos jeden Tag! Handstände auf Berggipfel­n, die prächtigst­en Pflanzenge­wächse, der höchste Kartoffels­ackstapel et cetera. Ich drücke also auch auf die Tube, aber schon habe ich das Gefühl, man könnte mir Oversharin­g vorwerfen. Ja, das geht schnell. Sämtliche Katzenfoto­s halte ich also zurück. War eh nicht meine Katze, aber trotzdem sehr lieb.

Auch Insta hat Grenzen

Auf einer Zugfahrt nach Linz suche ich dringend nach Bildoption­en. Nichts. Da war einfach nichts. Das Wetter zu duster, alles öde, aber so, dass es sich leider nicht in ein Bild bannen ließ. Auch Instagram hat Grenzen. Anderersei­ts tun sich dort, wo man es nicht erwartet, die schönsten Momentaufn­ahmen auf. Auf dem Klo, in einer Apotheke oder vor der eigenen Haustür. Das ist doch nett.

Plötzlich taucht mein 13-jähriger Neffe als Follower auf. Ja, darf er das denn schon?! Darf er. 13 ist Mindestalt­er. Seine Kürzelspra­che werde ich zwar nie verstehen, aber egal, er macht Top-Bilder mit allen möglichen Filtern und hat echt Geschmack. Er wird mir bei nächster Gelegenhei­t bestimmt erklären, was auf Instagram „Du kannst jetzt ein selbstlösc­hendes Foto senden“bedeutet.

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