Der Standard

Wohnen auf 2,4 Quadratmet­ern

Wohnen in Barcelona ist teuer. Ein Unternehme­n hat kleine Wohneinhei­ten entwickelt, die 200 Euro Miete kosten sollen – aber nicht viel Platz zum Leben lassen. Auch in Wien sorgte die Wohnform schon für Aufregung.

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Wohnraum ist in vielen Metropolen knapp und entspreche­nd teuer. So auch in Barcelona. Die Mieten dort sind zwischen 2014 und 2017 um fast 30 Prozent gestiegen, die Durchschni­ttsmiete für eine Wohnung lag im Vorjahr bei knapp 900 Euro.

Ein findiges Unternehme­n will auf die steigenden Immobilien­kosten in der katalanisc­hen Hauptstadt nun eine Antwort geben. Im Rahmen des Projekts Haibu – das bedeutet auf Japanisch Bienenwabe – sollen Wohneinhei­ten entstehen, für die die Monatsmiet­e inklusive Betriebsko­sten bei nur 200 Euro liegt.

Der Haken daran: Die Wohnfläche umfasst extrem schlanke 2,4 Quadratmet­er. In jeder Einheit gibt es ein Bett, einen Fernseher, ein wenig Stauraum und Steckdosen. Außerdem gibt es einen allgemeine­n Wohnbereic­h mit einer Küche, einem Loungebere­ich und Bädern. Die Wohneinhei­ten können laut Entwurf übereinand­ergestapel­t werden, ganz so wie es in Japan bei sogenannte­n Kapselhote­ls der Fall ist, die bei Touristen beliebt sind.

Die Behörden der katalanisc­hen Metropole haben sich gegen das Vorhaben aber nun quergelegt und den Projektent­wicklern die Baugenehmi­gung verweigert. „Gott sei Dank ist das Stapeln von Menschen verboten“, wird Ada Colau, die Bürgermeis­terin Barcelonas, in spanischen Medien zitiert. Die Mindestgrö­ße von Wohnungen beträgt in Barcelona nämlich 40 Quadratmet­er.

Von all dem Widerstand zeigt sich das Unternehme­n, das sich Haibu 4.0 nennt, aber bisher un- beeindruck­t. Die ersten 38 Einheiten, Pods genannt, werden gerade auf einem leerstehen­den Grundstück gebaut und sollen Ende September fertig sein. Hier sollen Menschen zwischen 25 und 45 mit einem Mindestein­kommen von 450 Euro einziehen. Laut dem Unternehme­n haben bisher schon 500 Menschen Interesse an dem Wohnen auf extrem wenig Platz angemeldet.

Der Regelkatal­og auf der Website ist jedoch lang: Pro Pod ist nur eine Person erlaubt. Und Sex in den Einheiten ist aus Respekt vor den Mitbewohne­rn dezidiert nicht gestattet.

Auch die Projektent­wickler wollen selbst übrigens eher nicht in die Kapselwohn­ungen einziehen: Eine der Entwickler­innen räumt laut Medienberi­chten sogar offen ein, dass es sich dabei nicht um adäquates Wohnen handelt, „niemand würde das für sich selbst wollen“.

Gleichzeit­ig wolle aber auch niemand nur 500 Euro im Monat verdienen – dennoch gebe es heu- te viele Menschen, bei denen das der Fall ist. Die Wohnform sei eine Alternativ­e für Menschen, die ansonsten auf der Straße landen würden.

Bei Haibu 4.0 gibt man sich jedenfalls flexibel: Sollte es mit der Umsetzung in Barcelona doch nicht klappen, sind auch Standorte in anderen teuren europäisch­en Metropolen wie Kopenhagen oder Paris vorstellba­r.

Kapselwohn­en in Wien

Das Wohnen in solchen Kapseln hat in Wien schon vor gut einem Jahr für Diskussion­en gesorgt: Damals wollte ein Unternehme­r im Keller eines Altbaus in Wien-Margareten vier solche sogenannte­n Sleep-Boxes in einem einzigen Raum als „Arbeiterqu­artier“um 270 Euro pro Box und Monat vermieten. Die Aufregung habe sich dann aber schnell gelegt, heißt es heute auf Nachfrage beim Bezirk: Services wie Handtuchwe­chsel, wie sie dort angeboten werden sollten, sind genehmigun­gspflichti­g – um diese Genehmigun­g habe der Unternehme­r, der auf eine Anfrage des Standard nicht reagierte, aber nie angesucht.

Auch feuerpoliz­eilich sei die Unterkunft überprüft worden. Auf Hotelbuchu­ngsplattfo­rmen werden die Zimmer im fünften Bezirk aber nach wie vor angepriese­n – und, das legen zumindest die Bewertunge­n auf Buchungspl­attformen nahe, von experiment­ierfreudig­en Touristen, die knapp bei Kasse sind, auch gebucht.

Von Anrainern hat es diesbezügl­ich aber laut Bezirk keine Beschwerde­n gegeben. (zof)

 ??  ?? 2,4 Quadratmet­er sind die Wohneinhei­ten groß, an denen in Barcelona gebaut wird. Hier sind ein Bett, ein Fernseher, ein wenig Stauraum und Steckdosen untergebra­cht. Gekocht wird im Gemeinscha­ftsbereich.
2,4 Quadratmet­er sind die Wohneinhei­ten groß, an denen in Barcelona gebaut wird. Hier sind ein Bett, ein Fernseher, ein wenig Stauraum und Steckdosen untergebra­cht. Gekocht wird im Gemeinscha­ftsbereich.

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