Der Standard

Von der Meerkatze zur Aquarius

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Auch die dick aufgetrage­ne orange Farbe kann die Herkunft der Aquarius nicht überdecken. Überall finden sich Spuren ihres Herkunftsl­andes Deutschlan­d. Die Schilder wie „Arzt“oder „Maschinenr­aum“wurden zwar mit Etiketten englischer Aufschrift überklebt, die deutschen Bezeichnun­gen scheinen aber durch. Das 77 Meter lange Schiff wurde im Jahr 1977 in der FR-LürssenWer­ft in Norddeutsc­hland fertiggest­ellt – eigentlich nicht für den Einsatz im Mittelmeer: Ihr natürliche­s Habitat sind die rauen Ozeane im Norden der Welt. Ihr erster Name: Meerkatze.

Die Besatzung der Meerkatze war in der Nordsee und im Nordatlant­ik unterwegs und überprüfte die Einhaltung der nationalen und internatio­nalen Fischereir­echte. Dabei gingen die Kontrolleu­re per Einsatzboo­t an Bord der Fischersch­iffe. Sie begutachte­ten die Papiere, Fanggeräte und den Zustand der Fische. Die Meerkatze spielte eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Überfischu­ng. An Bord befanden sich medizinisc­he Einrichtun­gen, um Hochseefis­chern Hilfe zu leisten.

Um für die raue See gerüstet zu sein, ist das Schiff eines der Eisklasse 2. Eisdicken bis zu 0,6 Meter können ihr nichts anhaben. Ihr Maximaltem­po beträgt laut Datenblatt 14,5 Knoten, was etwa 27 km/h entspricht.

Nachdem die Meerkatze 2008 außer Dienst gestellt wurde, wurde sie im folgenden Jahr vom privaten Reedereiun­ternehmen Jasmund Shipping ersteigert. Das Schiff wurde Aquarius getauft und zum Vermessung­sschiff umgerüstet – unter anderem war sie bei Öllagerstä­tten oder für die Verlegung von Meereskabe­ln im Einsatz. Ihre letzte Mission in der Funktion hatte die Aquarius 2015 vor der Küste Sibiriens.

2016 charterten SOS Méditerran­ée und Ärzte ohne Grenzen das Schiff mitsamt Besatzung und verlegten den Einsatzort ins zentrale Mittelmeer, um vor allem Migranten in Seenot zu helfen. (bbl)

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