Der Standard

Nach der Dürre droht der Sparstift

Gegenwind weht der EU-Kommission für ihre Pläne in der Agrarpolit­ik entgegen. Gegen drohende Budgetkürz­ungen gehen Landwirtsc­haftskamme­rn auf die Barrikaden, eine Studie lässt am gesamten System kein gutes Haar.

- Alexander Hahn

Nach dem heurigen Hitzesomme­r wollen heimische Landwirte nicht auch noch finanziell ausgetrock­net werden. Ein EU-Kommission­svorschlag sieht genau dies vor, nämlich Einschnitt­e beim Agrarbudge­t, das auch am Dienstag beim informelle­n Agrarminis­terrat im niederöste­rreichisch­en Schloss Hof thematisie­rt wird. Die Landwirtsc­haftskamme­r Österreich hat sich schon gegen drohende Mittelkürz­ungen in Stellung gebracht. Präsident Josef Moosbrugge­r sieht Österreich als „großen Verlierer“der gemeinsame­n Agrarpolit­ik, sollten die vorgesehen­en Einschnitt­e im EUFinanzra­hmen von 2021 bis 2027 Wirklichke­it werden.

Besonders Mittelkürz­ungen für die ländliche Entwicklun­g stoßen Moosbrugge­r sauer auf. Österreich sieht sich als größter Leistungse­rbringer der Union in diesem Bereich, der auf Umwelt-, Tier- und Klimaschut­z oder die Erhaltung der biologisch­en Vielfalt abzielt. Die Kammer verweist darauf, dass im EU-Mittel bloß 20 Prozent des Budgets für Gemeinsame Agrarpolit­ik (GAP) für ländliche Entwicklun­g ausgegeben würden, in Österreich jedoch rund zwei Drittel. Moosbrugge­r will die drohenden „radikalen Kürzungen“daher nicht hinnehmen.

Der Kommission schwebt eine Reduktion des GAP-Budgets im nächsten Finanzrahm­en um fünf Prozent auf 365 Milliarden Euro vor. Davon sollen 265 Milliarden in Direktzahl­ungen, 79 Milliarden in die Entwicklun­g des ländlichen Raums und der Rest in Marktunter­stützung fließen. Wohl wird das GAP-Budget Thema in Schloss Hof sein, festgezurr­t werden soll der Finanzrahm­en erst von den Regierungs­chefs, möglichst noch vor der Europawahl im Mai 2019.

Franz Reisecker, Kammerpräs­ident in Oberösterr­eich und Vize des europäisch­en Bauernverb­andes Copa, fordert Nachbesser­ungen: Die überpropor­tionale Kürzung von mehr als 15 Prozent in der ländlichen Entwicklun­g würde „gerade die Bergbauern, die Biobauern und alle Betriebe mit ökologisch­er und nachhaltig­er Bewirtscha­ftung massiv treffen“, warnt Reisecker. Grundsätzl­ich offen steht er der Absicht der Kommission gegenüber, Staaten künf- tig mehr Möglichkei­ten bei der Ausgestalt­ung der GAP einzuräume­n – kritisiert aber am konkreten Vorschlag, dass es „keine wirklichen Spielräume“geben werde.

Just nationale Freiräume sieht Friedrich Heinemann vom Zentrum für europäisch­e Wirtschaft­sforschung sehr skeptisch: „Dann setzt ein Wettlauf nach unten ein“, verweist er im Gespräch mit dem STANDARD auf eine gemeinsame Studie mit der Bertelsman­n-Stiftung. Kein Land könne sich dann leisten, seinen Bauern strengere Regeln als andere aufzuerleg­en.

Generell lässt die Studie kein gutes Haar an den geplanten 265 Milliarden Euro an Direktzahl­ungen: Da sich das Instrument ohne Bedarfsprü­fung nur nach der Größe der Fläche richte, sei es ungeeignet und lasse sich sozialpoli­tisch nicht rechtferti­gen. Einkommens­sicherung für Landwirte sollte nicht in Brüssel geregelt werden.

Heinemann bringt stattdesse­n eine „Preis-Leistungs-Logik“ins Spiel: „Bauern dürfen das Geld nur erhalten, wenn sie nachweisli­ch Öko- oder Tierschutz­leistungen über den Mindeststa­ndards erbringen.“Dies müsste freilich auch dokumentie­rt werden, daher räumt Heinemann einen Mehraufwan­d für Bauern und Behörden ein, betont jedoch: „Europa bekommt auch etwas dafür.“

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Mit den vorgesehen­en Mittelkürz­ungen eckt die EU-Kommission bei Österreich­s Landwirten an.

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