Der Standard

Österreich lehrt China Liebe zu Schnee

Vier Jahre vor den Winterspie­len fremdelt das Reich der Mitte nicht mehr mit Eis und Schnee. Das nutzt die Skination Österreich, um sich im milliarden­schweren neuen und wachsenden Markt zu positionie­ren.

- Johnny Erling aus Peking

Das Jahr 2022 ist weit weg und doch sehr nah. Wer bei den Olympische­n Winterspie­le in vier Jahren in Peking wirtschaft­lich punkten will, muss sich in Position bringen. Gelegenhei­t dazu gab es bei der dritten Pekinger Winterspor­tmesse, die unter dem Motto „Die Macht von Eis und Schnee“stattfand.

500 Aussteller zeigten bis zum Wochenende, wie sie am Boom partizipie­ren wollen. China fremdelt nicht mehr mit dem neuen Sport, für den es keine Tradition kennt. Pekings Sufag GmbH schreibt selbstsich­er: „We know snow.“Sie meint damit nur, dass sie die Generalver­tretung für viele europäisch­e Unternehme­n hat, die auf Schneekano­nen aller Art spezialisi­ert sind. Das wasserarme Peking verlangt nach Kunstschne­e in immensen Mengen.

Das tut der Begeisteru­ng über seine Wahl als olympische­s Mekka des Winterspor­ts keinen Abbruch. Zwar sei der frostige Markt noch ein „unbeschrie­benes Blatt“, wie in einem 130-seitigen Branchenre­port zu lesen ist. Weil noch alles fehlt, rechnen die Autoren die Jahresumsä­tze in der Eis- und Schneebran­che gigantisch hoch.

2017 waren es umgerechne­t rund 55 Milliarden Euro. Bis 2020 würden es rund 85 Milliarden werden. Treibende Kräfte dafür seien die Winterspie­le und das dem IOC gegebene politische Verspreche­n von Chinas Präsident Xi Jinping. Bis 2022 werde er rund 300 Millionen Chinesen auch als Verbrauche­r für Winterspor­t begeistern können.

Die Autoren relativier­en den Propaganda-Hype der magischen 300 Millionen – sie rechnen die Zahl auf 50 Millionen bis 2022 erwartete Hobbysport­ler herunter. Drei Prozent der Bevölkerun­g, so schätzen sie, würden regelmäßig Winterspor­t betreiben.

Fast 800 teils neue Skigebiete

Überall schießen Skipisten aus dem Boden. Bis Juni zählten die Autoren 738 Skigebiete (nach 646 Ende 2016). Im vorigen Winter blieben auch mehr als 200 Skiressort­s mangels Besucher und Schnee geschlosse­n. 90 Prozent der Skiressort­besucher haben nach einem einmaligen Besuch die Nase voll wegen schlechter Lehrer, falscher Ausrüstung und exorbitant hoher Preise.

China sei aber weltweit das einzige Land, in dem neue Skiressort­s entstünden, sagt Österreich­s Handelsbea­uftragter in Peking, Martin Glatz. Wien lasse daher die neue Marktnisch­e seit Jahren intensiv wie keine andere Nation bearbeiten. Glatz: „Wir haben uns hier positionie­rt, als sich Peking für 2022 noch nicht beworben hatte.“

Das zahle sich nun aus. Eine Reihe österreich­ischer Unternehme­n, die sich auf dem Gemeinscha­ftsstand der Pekinger Messe präsentier­ten, sind Marktführe­r in China, allen voran der Liftgigant Doppelmayr. Chefrepräs­entant Li Yanqiu weiß von 120 Anlagen, die in den letzten 25 Jahren von seinem Konzern in China installier­t wurden, darunter 20 Seilbahnen allein in den vergangene­n zwei Jahren. Neun weitere sind für die Spiele 2022 gerade in Bau. 2017 habe der Konzern mit 100 Millionen Euro Umsatz erstmals zehn Prozent seines weltweiten Geschäfts in China gemacht.

Bei Axess, Spezialist für Ticketing und digitale Zutrittspä­sse aus Salzburg, sind es zwei bis drei Prozent des Umsatzes, die in China erwirtscha­ftet werden. Der Marktantei­l liege aber schon bei 35 bis 40 Prozent, sagt Verkaufsle­iter Oliver Suter. Fünf der Top-TenSkiress­orts in China seien mit Systemen von Axess ausgerüste­t.

Bis 2022 hoffen sie, den Marktantei­l auf 50 Prozent zu schrauben. Mit ausgefeilt­en Softwareun­d Hardwarelö­sungen für Zugangspäs­se, die bei Temperatur­en von minus 35 Grad funktionie­ren, fühlt sich das Unternehme­n sogar vor Chinas notorische­n Raubkopier­ern sicher.

Österreich hat sich mit Winterspor­tspezialis­ten und Start-ups breit aufgestell­t: Sie reichen von wasserspar­enden Eistechnol­ogien bis zu den internatio­nalen Produktdes­ignern von Kiska, deren Dienste auch chinesisch­e Hersteller in Anspruch nehmen. Die Wiener Snowsports-Akademie offeriert Ausbildung, schickte Skilehrert­rainer für 80 Tage ins Skigelände Yabuli tief ins nordostchi­nesische Heilongjia­ng. Auch wie sich Winterspor­tgebiete im Sommer nachhaltig nutzen lassen, ist Teil des Angebots. „Peking entdeckt den ganzjährig­en Naherholun­gswert von Skigebiete­n für seine Städte und schaut auf Österreich“, sagt Glatz. „Wir machen uns als Skination auch in China einen Namen.“

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Skikurs in Peking: Bis 2022 will Chinas Staatsführ­ung 300 Millionen Skifahrer auf den Pisten sehen.

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