Zivis müssen endlich anständig entschädigt werden!
Ein offener Brief an Innenminister Herbert Kickl
Sehr geehrter Herr Innenminister! Ich weiß, die Volksbefragung zur Wehrpflicht ist schon ein paar Jahre her, ich möchte aber trotzdem gerne meinen Senf zu dem Thema abgeben. Der adoleszente Herr Kickl leistete seinen Wehrdienst bei den Gebirgsjägern. Freilich eine gute Sache, geht ja in die Richtung Verteidigung des Abendlandes, und das gefällt dem patriotischen und stolzen Europäer. Wäre für mich sogar infrage gekommen, aber es kam anders.
Gutbürgerlich ...
Ich schloss Anfang 2017 gut bürgerlich meine Lehre ganz im Sinne der Wirtschaft ab (wenn’s der gutgeht, geht’s uns allen gut, habe ich mal gehört) und arbeitete fast ein Jahr bei meinem Lehrbetrieb. Zum Glück waren das damals nur maximal zehn Stunden am Tag, denn daher hatte ich noch Zeit, nebenbei die Matura zu machen.
2018 entschied ich mich für den Zivildienst, da ich noch zwei Maturakurse offenhatte. Die hätte ich beim Gebirgsjagen schwer machen können.
Jetzt zu meinem Problem: 328,70 Euro pro Monat! (Okay, plus zwölf Euro Essensgeld am Tag (danke dafür!), macht dann eine Monatsentschädigung von knapp 700 Euro). Wenn der Zivi von der Schule kommt und brav bei den Eltern wohnt, ist das richtig viel Geld. Doch wie bereits erwähnt, verdiente ich davor normal (gut das Doppelte) und teilte mir eine Wohnung mit meiner Freundin.
... aber ohne Wohnhilfe
Mit der Wohnkostenbeihilfe wurde es auch nichts, weil Ihr Ministerium das so wollte. Schon paradox, man wohnt in einer Wohnung und bekommt keine Wohnkostenbeihilfe, für wen ist die dann? Ach so, dass man sagen kann, sie gibt’s doch eh.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, wieso ich mein über die Jahre hart erspartes Geld aufbrauchen soll, nur weil die finanzielle Lösung während des Zivildienstes seitens des BMI absolut verant- wortungslos gestaltet ist. Wieso gibt es keine ähnliche Regelung wie beim Arbeitslosengeld, das sich am vorherigen Einkommen orientiert? Oder zumindest eine Mindestsicherung?
Im Sinne der FPÖ ...
Da kommt jetzt ohnehin mehr Geld, das für Flüchtlinge gedacht war. Wieso nicht für den kleinen, gutbürgerlichen Mann verwenden? Das ist doch im Sinne der FPÖ. Aber ein Mann in Ihrem Amt möchte sich sicher nicht seinen Job von einem Zivi erklären lassen.
Natürlich käme diese Regelung nur für Zivildiener infrage, die ihren Dienst nicht nach ihrer Schulzeit antreten (von denen gibt es sicher nicht so viele). 2016 war ein Spitzenjahr, es gab rund 15.000 von uns Zivildienern, aber das weiß ein Mann in Ihrem Amt ja sicherlich.
Eine einfache Rechnung für Sie, Herr Minister: Selbst wenn ein Drittel davon mitten im Beruf ihren Zivildienst absolviert und ich von 232,60 Euro Mehrzahlungen ausgehe (921,30 minus 688,70; Mindestsicherung in OÖ minus meiner letzten Monatsentschädigung), wäre das ein gesamter Mehraufwand von 1.163.000 Euro.
1.163.000 Euro. Ein Mann in Ihrem Amt kann da doch nur lachen, wenn einem Zahlen wie 24 Millionen im Kopf herumschwirren. Also wenn ich ein Sturmgewehr im Kofferraum vergammeln lasse, kommt mir das billiger. Aber ich weiß, Verteidigung des Abendlandes, das hatten wir ja vorhin schon.
... plus Sturmgewehre
Ich hoffe für alle künftigen Zivildiener, dass sie endlich gerecht entlohnt werden. Aber vielleicht weiß man in zehn Jahren überhaupt nicht mehr, was eine Mindestsicherung oder eine anständige Entschädigung während des Zivildienstes ist, aber die Hauptsache ist doch, dass jeder Streifenpolizist ein Sturmgewehr im Auto hat und endlich alle stolz sind.
Mit freundlichen Grüßen, Patrick Schmuck, Linz