Strauss: Wer Lehre gut macht, soll bleiben dürfen
Über 180 offene Stellen bei Porr, neuer Campus für Mitarbeiterweiterbildung in Wien
Wien – Der Porr geht es wie der gesamten Baubranche – gut, die Auftragsbücher sind voll, und seit dem Jahr 2010 wurde die Zahl der Konzernmitarbeiter auf 20.000 verdoppelt, berichtete Porr-Chef und Miteigentümer Karl-Heinz Strauss. Noch immer sei die Bindung der Mitarbeiter mit im Schnitt 20 Jahren Zugehörigkeit an das Unternehmen groß. Nun gehe es darum, die Kultur anzupassen, Hierarchien herauszunehmen und einen Generationswechsel vorzubereiten, so Strauss.
In Österreich sind aktuell 182 Stellen ausgeschrieben. Über 300 Lehrlinge befänden sich hierzulande im Unternehmen, eine zweistellige Zahl davon seien Flüchtlinge. Sehr gute Erfahrung habe man mit Afghanen gemacht, die sehr rasch Deutsch lernen und sich gut integrieren würden. Strauss wünscht sich von der Politik auch rasch eine gesetzliche Lösung, damit Flüchtlinge in Ausbildung, die sich bewährt hätten, nicht abgescho- ben werden. „Wenn jemand seine Lehre gut macht, seine Leistung bringt, dann sollte er auch in Österreich bleiben dürfen“, fordert Strauss. Unverzichtbar sei die „sehr enge Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarktservice AMS“. Die Schulungsmaßnahmen seien sehr wirksam. Aber: „Jobs und Ausbildung sind auch eine Holschuld.“Es werde viel angeboten, die Betroffenen müssten es aber auch wollen. Um neue, qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen, werde viel getan: Fünf Millionen Euro wurden in einen Ausbildungscampus in Wien-Simmering investiert, wo zusätzlich zur dualen Lehrausbildung auch intern für die Ausund Weiterbildung sehr viel unternommen werde, inklusive Wohnmöglichkeiten mit rund 50 Betten auf dem Campus und Sportangeboten.
Im Vorjahr wurde Porr Care Plus gemeinsam mit der Wiener Städtischen Versicherung ins Leben gerufen. Die Mitarbeiter und die Porr zahlen mo- natlich fünf Euro in die Versicherung ein und bekommen bei einem Unfall oder Notfall 20.000 Euro als Soforthilfe überwiesen (etwa für einen externen Pfleger), noch bevor öffentliche Hilfestellungen greifen. Beim Nachwuchs setzte man sehr stark auf Frauen: Neben Homeoffice gebe es im Notfall auch die Möglichkeit, das Kind mit ins Büro zu nehmen (wird in einem eigenen Bereich versorgt).
Heuer wurde am Millstätter See ein Abenteuercamp für Kinder von Porr-Mitarbeitern organisiert. Strauss zufolge wird die Bauindustrie heute besser wahrgenommen, was der Porr-Chef auf die zunehmenden Digitalisierung zurückführt – im Unternehmen werde das papierlose Büro praktiziert. Bei der neuen Flächenwidmung „geförderter Wohnbau“in Wien prophezeit Strauss „Schwierigkeiten“, weil sich dadurch an den (hohen) Bau- und Gestehungskosten nichts ändere. Strauss plädiert für den Bau von Gemeindewohnungen, „das wäre ein taugliches Mittel, um leistbares Wohnen zu ermöglichen“. (cr)