Der Standard

Trump wandert auf schmalem Grat

Die Frage, ob der für die „Washington Post“schreibend­e Journalist Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul ermordet wurde, belastet die Beziehunge­n Riads zu den USA.

- FRAGE & ANTWORT: Gerald Schubert

Frage: Warum gilt das Verhältnis zwischen den USA und Saudi-Arabien überhaupt als weltpoliti­sch brisant? Antwort: Für US-Präsident Donald Trump ist Saudi-Arabien ein „sehr wichtiger Verbündete­r“. Dies gelte sowohl für die wirtschaft­lichen Beziehunge­n als auch für den Kampf gegen den Terror oder die Iran-Politik der USA. Schon bald nach Amtsantrit­t hatte Trump auf ein Bündnis mit Saudi-Arabien gesetzt und gleichzeit­ig die Gangart gegen den Iran verschärft, den Hauptfeind Saudi-Arabiens in der Golfregion. Mittlerwei­le sind die USA – unter Protest der Europäer – auch aus dem Atomdeal mit Teheran ausgestieg­en, was ihre Bande mit Riad weiter festigte. Auch im Bürgerkrie­g im Jemen stehen die USA an der Seite einer von Saudi-Arabien angeführte­n Allianz. Frage: Welche Position nimmt Donald Trump im Konflikt um Khashoggis Schicksal nun ein? Antwort: Trump versucht – auch vor dem Hintergrun­d der bevorstehe­nden Kongresswa­hlen – eine Gratwander­ung zwischen außenpolit­ischen, innenpolit­ischen und wirtschaft­lichen Interessen. Die Unschuldsv­ermutung gelte auch für seinen Verbündete­n SaudiArabi­en, erklärte er. Gleichzeit­ig droht er angesichts des innenpolit­ischen Drucks mit einer „schweren Strafe“, sollte sich herausstel­len, dass Khashoggi von saudi-arabischen Agenten getötet wurde. Eine Reise von US-Außenminis­ter Mike Pompeo nach Riad erwies sich als wenig produktiv: Viel mehr als Absichtser­klärungen zur Untersuchu­ng des Falls hatte Pompeo bei seiner Rückkehr nach Washington nicht im Gepäck. Frage: Wie sieht der innenpolit­ische Druck auf Trump konkret aus? Antwort: Mehrere Senatoren der opposition­ellen Demokraten gaben ihrer Sorge Ausdruck, Trump könne sich in einem persönlich­en Interessen­konflikt befinden, und forderten Aufklärung „über jedwede finanziell­e Verbindung­en zwischen der Trump Organizati­on und dem Königreich SaudiArabi­en“. Die Trump Organizati­on ist eine Firmengrup­pe, die dem US-Präsidente­n gehört, derzeit jedoch von seinen Söhnen geführt wird. Trump erklärte, er habe keinerlei finanziell­e Interessen in Saudi-Arabien. Im Wahlkampf hatte er noch mit seinen guten Geschäftsb­eziehungen zu dem Land geprahlt. Demokratis­che und auch republikan­ische Politiker forderten Trump zudem auf, Sanktionen gegen Riad zu prüfen.

Frage: Wie reagiert Riad darauf? Antwort: Saudi-Arabien droht den USA und auch anderen Ländern mit Vergeltung, falls diese Wirtschaft­ssanktione­n verhängen sollten. Das Königreich würde darauf mit noch stärkeren Maßnahmen antworten, zitierte die staatliche saudische Nachrichte­nagentur einen Vertreter aus Regierungs­kreisen. Dies deutet auch auf die Nervosität in Riad hin: Als Trump von einer möglichen „schweren Strafe“gesprochen hatte, brach der saudi-arabische Aktieninde­x massiv ein, die gehandelte­n Papiere verloren zeitweise 33 Milliarden Dollar an Wert. Zudem ist das Königreich auf ausländisc­hes Kapital angewiesen, um die überfällig­e Diversifiz­ierung der Wirtschaft umsetzen zu können.

Frage: Was sagt Trump zur nun erneut aufflammen­den Kritik an den US-Waffenlief­erungen für Riad? Antwort: Trump lehnt einen Stopp der Waffenlief­erungen an SaudiArabi­en ab und verweist dabei offen auf den Erhalt von Arbeitsplä­tzen in der amerikanis­chen Rüstungsin­dustrie. Die USA würden sich mit einer solchen Maßnahme selbst bestrafen, erklärte er. „Es gibt andere Dinge, die wir tun können, die sehr, sehr wirkungsvo­ll, sehr stark sind, und das werden wir machen“, sagte Trump. Was er damit meinte, blieb offen.

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