Der Standard

Fünf Erkenntnis­se aus dem BVT-Ausschuss

Die Zeugenbefr­agungen standen im Fokus der strafrecht­lich relevanten Vorwürfe gegen das BVT. Übrig blieb von der Glaubwürdi­gkeit der Zeugen nach deren Auftritt im U-Ausschuss nur wenig. Parallel dazu stritten ÖVP und FPÖ.

- Fabian Schmid

Der parlamenta­rische U-Ausschuss schält die Affäre wie eine Zwiebel: Schicht für Schicht arbeitet man sich von der Razzia im Verfassung­sschutz bis hin zu den Auslösern der Causa vor. In seiner vierten Woche mit Zeugenladu­ngen ist der Untersuchu­ngsausschu­ss mittlerwei­le bei jenen Zeugen angelangt, deren Aussagen bei der Staatsanwa­ltschaft die Razzia ausgelöst hatten. Politisch sorgte vor allem ein Konflikt zwischen den Regierungs­parteien für Aufsehen.

Dass zwischen ÖVP- und FPÖFraktio­n im Untersuchu­ngsausschu­ss nicht die größte Harmonie herrscht, war schon seit Wochen spürbar. Am Mittwoch eskalierte die Situation: FPÖ-Fraktionsf­ührer Hans-Jörg Jenewein legte seinem Gegenüber Werner Amon (ÖVP) indirekt den Rücktritt nahe. Die ÖVP müsse überlegen, wie mit der „Befangenhe­it“Amons umzugehen sei, sagte Jenewein. Vizekanzle­r HeinzChris­tian Strache schrieb dann auf Facebook, dass Amon für den Ausschuss „disqualifi­ziert“sei. Stein des Anstoßens ist das Auftauchen von Amon im Ermittlung­sakt: Er ist mit dem Exspionage­chef und Beschuldig­ten P. befreundet und wurde von diesem als „Informant“geführt. Freilich ist auch die FPÖ alles andere als objektiv, wenn es um die Untersuchu­ng der Rolle von Innenminis­ter Herbert Kickl geht. Die anderen Fraktionen sprangen Amon bei, Alma Zadic (Liste Pilz) konnte „keine Befangenhe­it“bei Amon entdecken.

Inhaltlich kam der BVT-Untersuchu­ngsausschu­ss diese Woche gut voran. Die Abgeordnet­en hör- ten alle vier Belastungs­zeugen an, deren Aussagen bei der Staatsanwa­ltschaft Mitte Februar die Razzia im Verfassung­sschutz mitausgelö­st haben. Strafrecht­lich relevante Vorwürfe waren hier Mangelware, es ging vielmehr um schlechtes Englisch und Berieselun­g durch Radio Niederöste­rreich. Belastungs­zeuge H. verstrickt­e sich sogar in derartige Widersprüc­he, dass ihm ein Verfahren wegen Falschauss­age drohen könnte. Er hatte behauptet, im BVT könnten Daten aus der Ferne gelöscht und somit Beweise vernichtet werden. Vor dem Ausschuss gab H. an, er habe dies „aufgrund seiner allgemeine­n Erfahrung geglaubt“. Echte IT-Experten des BVT hatten die Fernlöschu­ng als „Schwachsin­n“bezeichnet. Nun stellt sich erneut die Frage, warum die Staatsanwa­ltschaft nach der Aussage der Zeugen zum Mittel der Hausdurchs­uchung gegriffen hat.

Wie das Leben so spielt, traf die künftige Belastungs­zeugin P. im Jänner „zufällig“auf der Straße ihren Exkollegen H., der „zufällig“ebenfalls mit dem Gedanken spielte, gegen seine Exkollegen auszusagen. Glückliche­rweise kannte H. Herbert Kickls Kabinettsm­itarbeiter Udo Lett, sodass ein Vorgespräc­h mit P. arrangiert werden konnte. Die wollte dann auch direkt zu Kickl. Ex-BVT-Chef Gert- René Polli traf wiederum „zufällig“den ehemaligen Abteilungs­leiter W., der von P. als weiterer Belastungs­zeuge bei der Staatsanwa­ltschaft empfohlen wurde. Auch W. hatte davor „zufällig“ein Gespräch mit Kickls Generalsek­retär Goldgruber und Lett, dabei ging es aber angeblich drei Stunden lang um W.s Karenzieru­ng.

Immer wieder blitzte im Ausschuss der Vorwurf des Nepotismus durch. Belastungs­zeugin P. ist etwa eine Freundin der ehemaligen Innenminis­terin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und Tochter eines einstigen Landesrats in Niederöste­rreich. Sie soll ihren Job im BVT auch deshalb bekommen haben. P. sagte ganz offen, sie bewarb sich, da sie sich dann immer wieder karenziere­n lassen könne. ExBVT-Direktor Polli, der selbst von „Günstlings­netzwerken“sprach, aber keine konkreten Namen nennen konnte, erhielt hingegen noch vier Jahre nach seinem Ausscheide­n aus dem Innenminis­terium Visitenkar­ten, die ihn als „Senior Security Adviser“aufwiesen – ein Job dieser Art existiert aber nicht.

Die Belastungs­zeugen lieferten zwar keine Hinweise auf strafrecht­liche Vorgänge, allerdings zeichnete vor allem P. ein durchaus glaubwürdi­ges Bild von Sexismus und Mobbing, das sie mit ausgedruck­ten Whatsapp-Nachrichte­n untermauer­te. Auch eine Reihe von arbeitsrec­htlichen Verfahren wurde angesproch­en. Man kann davon ausgehen, dass das BVT durchaus profession­eller geführt werden könnte, vor allem in einzelnen Referaten.

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Foto: APA/Punz Hans-Jörg Jenewein (FPÖ) macht sich Sorgen um die ÖVP.

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