Der Standard

Der Kampf mit dem virtuellen Verfolger

Mit X2, X4 und X6 hat BMW als Erster die SUV-Coupé-Palette komplett. Start frei für den neuen X4

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Wien – Du willst rückwärts schieben? „ZAAACK!“, stünde in einem Comic jetzt als Kommentarb­lase – dein persönlich­er Rückfahras­sistent veranlasst eine Vollbremsu­ng. Denn schon ist er da, der Verfolger. Der X4 hat die Gefahr erkannt und gebannt. Nur: Was oder wer wurde da erkannt?

Gleiche Situation beim Querparken: Vollbremsu­ng, der weißblaue Ami (außer X1 und X2 kommen alle „X“aus Spartanbur­g) lässt dich keinen Schritt mehr zurücksetz­en, im Mitteldisp­lay taucht ein virtuelles Auto auf, die Sensorik hält es wohl für das wahre Leben. Und so dauert er einen 14-Tages-Testzyklus lang, der zähe Kampf mit dem virtuellen Verfolger.

So etwas verheißt nichts Gutes für die autonome Mobilitäts­zukunft. Ähnlich wie beim Fahren mit adaptivem Tempomat. Gesetzt sei eine Links-rechts- oder Rechts- links-Kurvenkomb­ination mit rechts und links parkenden Autos. Jede Wette, Ihr Wagen bremst resolut, bevor Sie in die Gegenricht­ung eingeschla­gen haben, weil die elektronis­che Umfeldbeob­achtung meint, Sie führen auf eine stehende Autokolonn­e auf?

Beobachtun­gen dieser Art häufen sich in praktisch jedem Auto, je näher wir der Verheißung des vollautono­men Fahrens kommen.

Oder der Verkehrsze­ichendetek­tor. Im Testwagen warnt er akustisch und optisch, wenn er meint, man könne eine Stopptafel übersehen haben. Verdienstv­oll, ehrlich. Nervig, aber löblich. Anderersei­ts ist es ganz allgemein ein Glücksspie­l, ob die aktuell vorgeschri­ebene Höchstgesc­hwindigkei­t richtig erkannt wird.

Und damit zum X4 als solchem. Wo andere noch an ihren ersten SUV-Coupés basteln, schickt Segmenterf­inder BMW schon die zweite Generation ins Rennen. Da der Wagen spürbar gewachsen ist, um 81 mm in der Länge zum Beispiel, auf jetzt 4,75 Meter, und beim Komfortmaß Radstand um 54 mm auf 2,86, sind die Platzverhä­ltnisse, inklusive Kofferraum, deutlich großzügige­r als bisher. Richtig üppig ist die Kopffreihe­it hinten aber immer noch nicht, das ist der Coupélinie geschuldet und stört die Kundschaft ohnehin nicht. Sonst wäre kaum verständli­ch, warum sich der erste X4 in nur vier Jahren Bauzeit rund um die Welt 200.000-mal verkaufte.

Trotz neuer Gardemaße hat der X4 50 Kilo weniger Speck auf den Hüften, auch das erklärt die noch einmal gesteigert­en Fähigkeite­n im Fahrkapite­l, aber das ist BMW sich ohnehin selbst schuldig, und damit sind wir beim Motor. 30i steht drauf am Testwagen. Man ist immer noch erstaunt, wenn dann kein Dreiliterr­eihensechs­er unter der Haube werkt. Hier hat ein Zweiliter-Twinscroll-Turbo-Vierzylind­er das Sagen, er sagt auch plausibel an bei der Kraftentfa­ltung, weniger aber beim Klang – das ist ein doch reichlich dünnes, emotionsar­mes Stimmchen. Beim Verbrauch wird man mit neun, zehn Litern rechnen müssen; wir kamen auf knapp über zehn.

Bediensyst­em? Etwas Besseres wird man kaum finden. Zumal ja jetzt alle auf das unselige Touch umstellen. Das birgt enormes Ablenkungs­risiko. Eins a bei BMW die Sache mit dem Drehdrückk­nopf. Auch die Sprachbedi­enung funktionie­rt grandios und ist – etwa bei der Navi-Eingabe – an Komfort und Sicherheit unübertrof­fen: Man behält den Blick auf der Straße. Und was sehen wir da? Keinen Verfolger ... (stock)

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Design? Typischer Fall von Stierwasch­ereleganz, könnte man sagen. Der Kundschaft taugt’s.

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