Im Räuberzivil mit dem Bundesheer unterwegs
Sicherheit geht vor Bequemlichkeit
Im Fernsehen sehen die „kugelsicheren Westen“immer so dünn und leicht aus. Tatsächlich sind die Splitterschutzwesten, die einem beim Bundesheer verpasst werden, ziemlich unförmige Dinger – und man weiß eigentlich nicht, wie man sie vernünftigerweise zu ziviler Kleidung tragen soll. Unter das Sakko passen sie nicht. Über dem Sakko tragen sie mächtig auf; gut, dass der Trachtenumhang so weit geschnitten ist, dass man ihn dann noch darüber tragen kann. Den Hut kann ich getrost vergessen. Es gibt Gegenden, in die das Bundesheer Journalisten nur unter der Auflage mitnimmt, dass sie eben einen Kampfhelm tragen. Das ist dann schon ein ziemlicher Räuberzivil, den man da anhat.
Vielleicht macht es den Soldaten ja auch Spaß, die mitgenommenen Journalisten in solcher Kleidung vorzuführen und zu fotografieren. Bitte schön: Hier sollen auch die Leser einmal darüber lachen können.
Wenn man selbst in der Situation ist, nimmt man es ernster. Und man versteht die Soldaten, die den mitgenommenen Medienmann ja heil wieder heimbringen wollen. Denn das ist ja jedem Teilnehmer solcher Pressereisen bewusst: Die Militärs laden die Journalisten deshalb zum Besuch von Übungen oder von im Ausland stationierten Truppen ein, damit nachher zumindest nicht allzu negativ berichtet wird.
Also: Auch wenn manche Übungseinlage spektakulär aussieht, auch wenn manches Auftreten österreichischer Soldaten bei ihren Auslandseinsätzen martialisch wirkt – man fühlt sich persönlich halbwegs sicher. Dass auf dem Panzer oder dem Hubschrauber ein Schütze mit geladenem Maschinengewehr die Umgebung sichert, erinnert allerdings manchmal daran, dass die Lage vielleicht weniger ruhig ist, als sie scheint.
Natürlich gibt es unter Kollegen verbreitete Legenden, die von dem mit Journalisten vollbesetzten Hubschrauber bei einer Reforger-Übung in den 1980er-Jahren wissen wollen, der leider abgestürzt ist. Einmal war ich dann selbst bei einer dieser damals routinemäßig durchgeführten Übungen des „Return Forces to Germany“-Programms und hatte den Eindruck, dass US-Piloten tatsächlich weniger aufmerksam als ihre österreichischen Kameraden sind, wenn sie ihre Helis einsatzmäßig über das Gelände fliegen. Passiert ist nichts. Aber man hat Einblick bekommen, wie Berufssoldaten aus Amerika leben, wie sie arbeiten und wie sie denken.
Und nein: Der Freizeitwert eines Mot-Marsches entlang der vom Tsunami verwüsteten Küste Sri Lankas oder durch die Wüste des Tschad ist äußerst beschränkt, der Komfort an Bord einer Hercules C-130 auf dem Flug von Wien in den Nahen Osten bescheiden. Aber man hat der Leserschaft gute Storys zu erzählen.
CONRAD SEIDL arbeitet seit 1989 in der Innenpolitikredaktion des und widmet sich häufig militärischen Themen. Er trägt täglich Lederhosen. Alle drei Wochen stellt er ein Bier in die „Minibar“-Kolumne des RONDO.