Umfaller im Reich der Toten
Der Seziertisch als Arbeitsplatz eines Bundesländer-Redakteurs
Es begab sich eines schönen JuniTages des Jahres 2004, dass mich ein Anruf eines Biologielehrers einer renommierten Linzer Mittelschule ereilte. Konkret stand eine Exkursion in die Pathologie auf dem Lehrplan. 15 Schüler, eine Obduktion – im Keller eines Linzer Krankenhauses.
Und da es ganz und gar dem Wesen eines Bundesländer-Korrespondenten entspricht, stets draußen bei den Menschen zu sein, galt es, auch die Toten nicht auszuschließen. Am Endpunkt eines Lebens warteten dann 14 verunsicherte Schüler – und Robert. 17 Jahre jung, betont lässig, Opa Arzt, Papa Arzt, und er werde „sowieso Mediziner“. Es folgt der erste Schnitt in den Brustkorb – und Robert verabschiedete sich. Fiel wie ein gefällter Baum ohnmächtig um und schlug mit der Stirn am Seziertisch auf. Es war einer der seltenen Fälle in der langen Geschichte der Medizin, in denen ein Patient von der Pathologie in die Unfallambulanz kommt. Robert ging es dann rasch wieder gut. Und so frisch vernäht galt seine Sorge vor allem seinem Ruf. Nur nicht mit dem „peinlichen“Auftritt im vorkommen. Robert, es tut mir ehrlich leid. Nach 14 Jahren musste die Geschichte einfach mal raus.
MARKUS ROHRHOFER ist seit 2003 Oberösterreich-Korrespondent. Seitdem steht bei ihm bei seiner Arbeit das tägliche Bemühen im Vordergrund, der Bundeshauptstadt von Linz aus zu erklären, dass die Welt nicht in Hütteldorf endet.