Der Standard

Heute werden wir nicht sterben

Beim hat man es immer wieder lustig

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Blixa Bargeld singt auf der Toilette, damit er besser stehen kann. Nick Cave trägt privat Collegepat­scherln, weiße Socken und hellblaue Jeans. Der Dünnere der zwei Bärtigen von ZZ Top hat beim Händedruck Angst, dass man ihm die Finger kaputtmach­t. Aua!

Während man seit einer Stunde auf das Interview wartet, hört man den Fürsten der Finsternis von der US-Band Nine Inch Nails, die im Wesentlich­en den Zerfall der amerikanis­chen Kleinfamil­ie beklagt, im Nebenzimme­r der Hotelsuite eine Stunde lang in sein Telefon toben. Ein „Gespräch“mit der Freundin in Kalifornie­n, wird gesagt. Als man dann vorzeitig geht, wird das als „unhöflich“gewertet. Es ist ein Sonntag im Sommer. Draußen ist es warm und schön. Das Leben ist schön. Es besteht nicht nur aus Warten.

Ein anderes Mal kann ein Interview nicht stattfinde­n, weil man an der Rezeption erfährt, dass die Herrschaft­en leider nicht mehr hier wohnen würden. Einer der Musiker habe sich beim Portier erkundigt, wo man in der Nähe harte Drogen erwerben könne.

Das war der einfache Teil der Übung.

Der längste Tag des Lebens

Bei 45 Grad im Schatten auf einer Rollpiste in Kenia erfährt man, dass der Pilot des Flugzeugs, das einen abholen sollte, vergessen habe zu starten. Vielleicht morgen. Tiere sind eh keine da, sie sind wegen der monatelang­en Dürre krepiert, man wird also nicht sterben. Das einzige Buch aber, das man im Tagesgepäc­k mithat, stammt von Günter Grass. Es wird der längste Tag des Lebens werden.

Später dann lustige Erlebnisse in der Titty-Twister-Bar im peruanisch­en Cusco. Es ist zwei Uhr nachts, und die Leu- te mögen es nicht, wenn man ihnen in die Augen schaut, handteller­große Pupillen. Das Hochland ist karg, aber der Coca-Strauch gedeiht prächtig.

Ein Tourismusk­onzept, das sich nicht durchsetze­n wird: Übernachte­n in südafrikan­ischen Townships. In der vom Ganglord großzügig für eine Stunde zur Verfügung gestellten Bar wird man von zwei Meter großen Zivilbulle­n bewacht, von der Zimmerverm­ieterin wird man gebeten, nachts die Vorhänge geschlosse­n zu halten. Die Leute würden das nicht so mögen, wenn sie sich beobachtet fühlen.

Ein Ort namens Lynchhause­n

Zwei Tage später ist man in einem Ort namens Lynchhause­n oder so zu Gast bei deutschen Auswandere­rn der dingsten Generation. Südafrika geht seit Mandela vor die Hunde, sie selbst seien in ihrem Abwehrkamp­f gegen die „braunen Horden“aber sehr erfolgreic­h. Mit braunen Horden sind übrigens keine Nazis gemeint. Langweilig wird es im Ausland nie.

Es geht auch anders. In Georgien und Armenien muss man so viele Klöster besichtige­n, dass man nachts Marienersc­heinungen bekommt. Dagegen hilft nur Wein. Georgien und Armenien gelten als die Heimat des Weins. Bei Trinksprüc­hen muss man ex trinken. Es gibt viele Trinksprüc­he. Ab neun Uhr früh. Jesus ist ein Rauschkind. Auch der Stachelbee­rwodka, ein Träumchen! Es ist übrigens eine Weltgegend, in der Überholen in Rechtskurv­en oberste Bürgerpfli­cht ist. Solange kein Schlagloch kommt, ist das ... aua!

Den Rest habe ich leider vergessen. Es war aber oft lustig.

CHRISTIAN SCHACHINGE­R ist Kulturreda­kteur des und sehr wahrschein­lich seit 1999 dabei.

 ??  ?? Religiöse Erweckungs­erlebnisse und Trinksprüc­he gehen in Armenien Hand in Hand. Sogar Blixa Bargeld kann davon ein Lied singen.
Religiöse Erweckungs­erlebnisse und Trinksprüc­he gehen in Armenien Hand in Hand. Sogar Blixa Bargeld kann davon ein Lied singen.

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