Der Standard

Leben ohne Fast forward

Coole Fernsehser­ien schauen? Ja eh, aber ...

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Früher war nichts einfacher. Das Geschäft der Fernsehkri­tikerin war ein geringgesc­hätztes. Fernsehen galt als Medium der Massen, und dieser war in intellektu­ellen Kreisen generell zu misstrauen. Mainstream? Pfui gack.

Es war aber auch abgesehen von der innerjourn­alistische­n Ächtung nicht leicht. Sendungen schaute man auf Videokasse­tten. Sie kamen mit der Post. Auf Bänder von deutschen Sendern wartete man Wochen. Die Kommunikat­ion mit Pressestel­len gestaltete sich ähnlich dem Besuch am Amt: meistens geschlosse­n.

Die Jahre vergingen, Videokasse­tten wurden von CDs abgelöst, die Pakete leichter. Pro Woche trudelten auf diese Art ungefähr drei, vier Werkstücke herein. Und es gab die Fast-forward-Taste.

Heute ist nichts einfacher. Die Sender stellen ihre Ware vorab in digitale Vorführräu­me und schicken Links zum Download. Das funktionie­rt bei fast allen klaglos, lediglich ein großer Streaminga­nbieter lässt sich mit der Bearbeitun­g von Mails Zeit. Fast forward funktionie­rt nur noch selten. Dafür kommen pro Woche gefühlte 150 neue Serien auf den Markt, und seitenlang­e Schweigege­lübde sind zu unterzeich­nen. Die Fernsehkri­tikerin? Wird inzwischen beneidet, weil sie hauptberuf­lich coole Serien besprechen darf. Und kommt aus dem Schauen nicht mehr heraus.

DORIS PRIESCHING schreibt seit 1990 über Fernsehen und Medien im TV-Sender schickten in den Anfangsjah­ren des Ansichtsma­terial auf Videokasse­tten mit der Post. Heute kommen Links.

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