Der Standard

Essl- Saga

Karlheinz Essl schenkt die verblieben­en 40 Prozent seiner Kunstsamml­ung der Republik Österreich. Kulturmini­ster Blümel hat den umstritten­en Leihgaben-Deal mit der Albertina hart nachverhan­delt.

- ANALYSE: Stefan Weiss

Die Republik bekommt 40 Prozent der Sammlung Essl geschenkt und 60 Prozent als Leihgabe. Minister Blümel hat hart verhandelt.

Man muss mittlerwei­le von einer „Essl-Saga“sprechen, so verworren ist die Geschichte: Das Schicksal der von Baumax-Gründer Karlheinz Essl und seiner Frau Agnes seit den 1970er-Jahren aufgebaute­n Kunstsamml­ung beschäftig­te bereits drei Kulturmini­ster. Jetzt scheint eine finale Lösung gefunden zu sein: Die Familie Essl schenkt die verblieben­en 40 Prozent der Sammlung der Albertina. 1323 Kunstwerke, der Großteil davon österreich­ische Kunst nach 1945, gehen damit ins Eigentum der Republik über. Die restlichen 60 Prozent bleiben im Besitz der Haselstein­er Familien-Privatstif­tung und als Dauerleihg­abe bis zumindest 2044 ebenfalls im Bestand der Albertina.

Gezeigt werden sollen die Werke ab nächstem Jahr im Wiener Künstlerha­us, das von Haselstein­er derzeit für bis zu 40 Millionen Euro baulich saniert wird. Albertina-Chef Klaus Albrecht Schröder sprach bei der Verkündigu­ng der Schenkung am Donnerstag­abend von einem „zweiten Albertina-Standort“, der im Künstlerha­us, in dem auch noch die angestammt­e Künstlerve­reinigung Flächen hält, entstehen soll.

Die Vorgeschic­hte: 2014 trat Karlheinz Essl an das Land Niederöste­rreich und den Bund mit dem Wunsch heran, die Sammlung an die öffentlich­e Hand zu verkaufen – auch um die trudelnde Baumarktke­tte zu retten. Land und Bund lehnten ab, das Baumax-Imperium ging 2015 Pleite. Im selben Jahr musste Essl auch sein 1999 in Klosterneu­burg errichtete­s Museum schließen. Als Retter der Sammlung sprang indes Hans Peter Haselstein­er mit einem Kredit ein. Man überführte die Sammlung in eine neu gegründete Besitzgese­llschaft, an der Haselstein­er 60 Prozent hält, Essl 40.

Drozdas umstritten­er Deal

Im Februar 2017 verkündete der damalige Kulturmini­ster Thomas Drozda (SPÖ) stolz, dass die Sammlung Essl als Dauerleihg­abe für zumindest 27 Jahre an die Albertina gehen solle. Mindestens 1,1 Millionen Euro Subvention jährlich waren für die Umsorgung der Kunstwerke vorgesehen. Rasch wurde Kritik an dem Deal laut. Denn große private Dauerleihg­aben an staat- liche Museen sind internatio­nal zwar üblich, aber umstritten. Der Vorwurf: Private Sammlungen werden mit Steuergeld wertgestei­gert und können vom Eigentümer oder dessen Erben später wieder abgezogen werden.

VP-Kulturmini­ster Gernot Blümel wollte sich mit dem Deal nicht abfinden und hat mit allen Beteiligte­n noch einmal nachverhan­delt: Umfangreic­he Dauerleihg­aben stünden in der Kritik, sagte er am Donnerstag, Wertsteige­rung sei „nicht im Sinne der Republik“, außerdem gehe es hier um „sorgsamen Umgang mit Steuergeld“.

Karlheinz Essl und seine Familie konnten schließlic­h dazu bewogen werden, ihre 40 Prozent in eine Schenkung umzuwandel­n. Außerdem erreichte Blümel beim Albertina-Chef eine Reduktion des Subvention­sbedarfs: 800.000 Euro für 2018, 850.000 für 2019, danach werde über eine Erhöhung der Basissubve­ntion für die Albertina geredet werden. Bei Haselstein­ers 60-Prozent-Anteil bleibt hingegen der ursprüngli­che Dauerleihg­aben-Deal aufrecht.

„Der Feind einer guten Lösung ist die bessere Lösung“, bekannte denn auch Klaus Albrecht Schröder, der demnächst bei Blümel mit einer etwaigen Verlängeru­ng seiner seit 2000 bestehende­n Direktion vorstellig werden wird.

Für die Schenkung musste die Albertina eine komplizier­te Realteilun­g der Sammlung erstellen. Grundlage war eine Wertschätz­ung des Essl-Anteils, angestellt vom Auktionsha­us Im Kinsky, die mit 84,5 bis 91,1 Millionen beziffert wird. Sie mag tendenziel­l überhöht sein, Schröder aber versichert, dass die Sammlung zwischen Haselstein­er und Essl fair geteilt worden sei: Es fänden sich „40 Prozent bedeutende Werke in der Schenkung und 60 Prozent bedeutende Werke im Haselstein­erAnteil“. In der Sammlung gebe es außerdem Werke von „nicht musealem Wert“. Diese habe alle Haselstein­er übernommen, so Schröder. Sie dienen dazu, Lücken in der Sammlung zu füllen, sprich: Handel zu treiben.

Die Schenkung indes bleibe zur Gänze unveräußer­lich. Erstmals wurde die Liste der Kunstwerke nun auch online zur Einsicht veröffentl­icht (http://sammlungen­on-line.albertina.at/essl). Aufrecht bleibt das Angebot der Albertina, mit der Sammlung in einen umfangreic­hen Leihverkeh­r zu gehen. Denn moniert wurde von Kritikern, dass die Werke besser in andere Museen gepasst hätten.

Für Karlheinz Essl kam allerdings nie eine andere Adresse als die Albertina infrage, sei Schröder als seine Vertrauens­person doch der Erste gewesen, der die Sammlung in den 1990er-Jahren im Kunstforum gezeigt hat.

Deponiert werden die Werke, worunter sich österreich­ische Avantgarde­n wie Valie Export, Günter Brus, Hermann Nitsch oder Maria Lassnig sowie Internatio­nale wie Georg Baselitz, Paul McCarthy und Jonathan Meese finden, weiterhin im geschlosse­nen Museum in Klosterneu­burg. Für künftige Nutzungen des Gebäudes gebe es „Überlegung­en“, sagt Essl. Ein zweites „Essl-Museum“schließt er aber aus: „Unsere Zukunft liegt im Künstlerha­us.“

 ??  ?? Gernot Blümel, Karlheinz Essl und Klaus Albrecht Schröder (v. li.) auf dem Weg zu ihrem Schenkungs­deal. Jonathan Meeses „Der Propagandi­st“gehört jetzt der Republik.
Gernot Blümel, Karlheinz Essl und Klaus Albrecht Schröder (v. li.) auf dem Weg zu ihrem Schenkungs­deal. Jonathan Meeses „Der Propagandi­st“gehört jetzt der Republik.
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