„Es war der Erfolg des Konzeptlosen“
Seit fast zehn Jahren ist der Oberösterreicher Ernst Hausleitner im ORF das Gesicht der Formel 1. Mit Alexander Wurz bildet er eines der beliebtesten Kommentatorenduos des Senders. Die Quoten sind stabil gut.
Gibt es Renntage, an denen Sie schlecht drauf sind? Hausleitner: Grundsätzlich genug, weil mich vieles an so einem Formel-1-Wochenende sehr stresst. Der ganze Ärger ist aber verflogen, wenn ich in der Kabine sitze. Das klingt kitschig, aber das ist der Moment der größten Erlösung. Es ist oft heiß, du stehst bei der Anreise im Stau, aber dann ist die Tür zu, und du bist nur auf die Sachen, die du liebst – das Kommentieren und die Formel 1 –, konzentriert.
Würde Ihnen ein Rennen so viel Freude bereiten, wenn Sie es nicht kommentierten? Hausleitner: Ich habe mir schon oft gedacht, dass ich mich auch gerne einmal mit ein, zwei Dosen Bier irgendwo in die Wiese setzen und zuschauen möchte. Aber es macht mir einfach unheimlich viel Spaß, da dabei zu sein. Und ich glaube, dass ich mit Bier auf der Wiese nicht so viel mitkriege wie in der Kommentatorenkabine.
Haben Sie am Anfang erwartet, dass die Arbeit mit Alex Wurz so gut funktionieren wird? Hausleitner: Null. Wenn es das tut, war es der Erfolg des Konzeptlosen. Alex hat sein erstes Jahr ja noch mit Heinz Prüller kommentiert, da war die Aufgabenverteilung eine andere. Alex ist dann in Melbourne 2009 zu mir gekommen und hat gefragt: „Heast Oida, was sagst du, was sag i?“Ich habe gesagt: „Du sagst, was du willst, ich sage, was ich will, ganz einfach.“So haben wir uns reingesetzt.
Sind
Motorsportler
umgänglich? Hausleitner: Das würde ich nicht auf den Motorsport reduzieren. Ich tue mir im Umgang mit Sportlern generell sehr leicht. Vielleicht liegt es daran, dass ich gerne selbst einer gewesen wäre, aber nie einer geworden bin. Ich finde, das sind durch die Bank sehr faszinierende Erscheinungen – Ausnahmen bestätigen die Regel.
Können Sie sich noch an Ihr erstes Formel-1-Rennen als Fan erinnern? Hausleitner: Spielberg, 1975. Ein tragischer Grand Prix, weil Mark Donohue einen schweren Unfall INTERVIEW: hatte und zwei Tage später verstarb. Auch ein Streckenposten starb dabei. Ich war fünf oder sechs Jahre alt und habe vor Aufregung leicht gefiebert, mein Papa ist mit mir zum Streckenarzt gegangen – das war ja damals alles offen. In dem Moment brachten sie Mark Donohue, der äußerlich ja unverletzt war und an Kopfverletzungen gestorben ist, zum Arzt.
Klingt abschreckend. Ich habe das damals nicht realisiert. Mein Papa hat es auf Super-8 gefilmt: Sie tragen Donohue im blauen Overall herein, er hat sich aufgerichtet. Und ich bin danebengesessen. Das hat der Faszination für den Sport keinen Abbruch getan – Formel 1 war ja nicht mein einziges Steckenpferd.
Haben Sie jemals eine Formel-1-Pause eingelegt?
Viele unterschätzen, dass es so informationsintensiv ist, dass du einfach nicht aufhören kannst. Du würdest nicht glauben, wie oft mich meine Frau darauf aufmerksam macht: „Jetzt hör’ einmal auf, lass es einmal!“Nein, das kannst du nicht. Das habe ich auch schon bei Heinz Prüller mitbekommen.
gegeben? Hausleitner:
Hat es eine Übergabe Nein. Ratzfatz.
Es gab damals Facebook-Gruppen à la „Wir wollen Heinz Prüller zurück“. Hausleitner: Ich muss Heinz dankbar sein, da er aus der Position des Formel-1-Kommentators in Österreich so etwas Einzigartiges gemacht hat. Alle anderen Sportarten werden aufgeteilt, Formel 1 war exklusiv. Ich habe die Aufregung – die nach so einer langen Zeit ja völlig berechtigt ist – damals völlig unterschätzt, aber sie war nach zwei, drei Rennen erledigt. Das ist der beste Beweis dafür, dass jeder zu ersetzen ist, deswegen überschätze ich meine Position auch nicht.
ERNST HAUSLEITNER (50) kommentiert seit 2009 für den ORF die Formel 1. Gemeinsam mit Alexander Wurz gewann er 2014 eine Romy. pLangfassung: derStandard.at/Etat