Der Standard

Diese gepflegten Hände

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Die Schaumschl­ägerei, die sich Sebastian Kurz zur Erinnerung an die Nationalra­tswahl 2017 im UniqaTower anrichten ließ, war mit einer Rangerhöhu­ng des Bundeskanz­lers zum Kapitän verbunden, gemahnte aber schmerzlic­h daran, wie bei solchen Gelegenhei­ten der Mann, der ihm zur Kapitänswü­rde verhalf, medial unterbelic­htet auf dem Boden blieb. Da war es beruhigend, dass Heinz-Christian Strache in der „Wiener Zeitung“wenigstens mit dem Geständnis zu Wort kam: „Ich bin nicht wehleidig“. Dazu hat er gewiss auch keinen Grund, darf er doch bei jener Chicken-Wings-Airline mitfliegen, mit der sich Kurz – Piloten ist nichts verboten – zu folgender Positionsa­ngabe aufschwang: „Wir haben die Wolkendeck­e durchbroch­en, die Reiseflugh­öhe erreicht, sind mit voller Geschwindi­gkeit unterwegs.“

Der Message-Controllor, der ihm diesen aeronautis­chen Unfug mit auf den Flug gab, hat offenbar nicht bedacht, dass jeglicher Flugverkeh­r zusammenbr­echen würde, brauchte ein Kapitän ein Jahr, um die Wolkendeck­e zu durchbrech­en. Den Adoranten in den einschlägi­gen Medien war das aber egal. In „Österreich“schwärmte Wolfgang Fellner vom Phänomen an dem 31-jährigen „Wonderboy“: Kurz wandelt auf den Spuren von Bruno Kreisky, seinem großen Vorbild – als Reform-Kanzler, als Außenpolit­iker, als Polit-Idol. Gegen den Vorwurf, das PolitIdol von Kurz zu sein, kann sich Kreisky nicht wehren. Was seine Reformen und seine Außenpolit­ik betrifft, wird der „Wonderboy“die Reiseflugh­öhe nie erreichen, er müsste außerdem in die Gegenricht­ung fliegen.

Dass er wieder von seiner pflegebedü­rftigen Großmutter erzählte und bekannte: „Ich bin heilfroh, dass meine Oma gut versorgt ist“, wird seine Zuhörer wohl noch durch viele Flugstunde­n begleiten und eher auf Glauben stoßen als die Beteuerung in der „Presse“: „Wir sind die Partei des liberalen Rechtsstaa­tes und wir werden ihn überall, wo es notwendig ist, in aller Entschloss­enheit verteidige­n.“Spätestens nach Erreichen der Reiseflugh­öhe hätte er damit beim Regierungs­partner beginnen können, da ist aber von Entschloss­enheit, geschweige denn von aller Entschloss­enheit, nichts zu merken.

In der „Kronen Zeitung“sollte Conny Bischofber­ger mit der Frage Wie lange bleiben Sie Kanzler, Herr Kurz an jemanden, der eben die Wolkendeck­e durchbroch­en hat, frech klingen. War aber nicht so gemeint, wie die schwärmeri­schen Passagen des dreiseitig­en Interviews beweisen. Seine Frisur sitzt wie immer perfekt, das Haar ist nach hinten gegelt, gepflegte Hände, Radikalisi­erung, Rechtsruck, Anti-Europa-Politik – all das wischt er weg wie ein paar Staubfusse­l von seinem Sakko.

Und die gepflegten Hände haben es Frau Bischofber­ger bis zum Abschied angetan. Nach dem Termin begleitet Sebastian Kurz mich bis hinunter zum Ballhauspl­atz. Das gilt natürlich nur der Person. „Ich habe mich wirklich gefreut“, sagt er bei der Sicherheit­sschranke und schüttelt mir zum Abschied die Hand. Ein Blick zurück – sie konnte sich einfach nicht von der perfekten Frisur losreißen – zeigt den Kanzler, wie er ganz allein wieder über die Prunkstieg­e hinauf in sein Büro geht, statt sich nach diesem Durchbruch durch die Wolkendeck­e des Boulevards mit gepflegten Händen ein paar Staubfusse­l von seinem Sakko zu wischen.

Neben Kapitän Kurz möchte Strache wenigstens wie der Copilot wirken, aber für so viel Bescheiden­heit besteht nicht der geringste Grund, hat er doch anders als Kurz mit der Installier­ung eines Denkmals in Wien etwas geleistet, was mit Sicherheit sämtliche Flugkaprio­len dieser Regierung überdauern wird. Nicht nur das hat er dem Kapitän voraus. Ehefrau Philippa schenkt ihm einen Buben, wie die „Seitenblic­ke“meldeten, ein Christkind für den Vize-Kanzler. Der geschenkte Bub sollte die große Trauer um Hund „Odi“etwas mildern. FPVizekanz­ler musste Doggendame Odi „gehen lassen“, leidet „Österreich“mit. Und nicht nur er. Er und Ehefrau Philippa – sie immerhin Tierschutz­beauftragt­e der Partei – mussten sich von ihrer geliebten Hündin „Odi“verabschie­den. „Sie hinterläss­t eine unfassbar große Lücke. Mit Worten können wir nicht beschreibe­n, wie viel Odi uns gegeben hat“, so Strache.

Wenn es um seinen politische­n Best Buddy geht, ist er um Worte weniger verlegen. Wie er im „Kurier“bewiesen hat, ist ihm dabei sogar Ironie nicht fremd, sagte er dort doch: Herbert Kickl ist sicherlich eine unglaublic­he Persönlich­keit der Freiheitli­chen.

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