Der Standard

Vorgeferti­gter Holzbau ist die Zukunft, sagt eine Architekti­n. Kürzere Bauzeiten und mehr Platz sprechen dafür. Bisher fehlt es aber oft am nötigen Wissen zur Berechnung der Baukosten.

- Bernadette Redl

Die Autoindust­rie macht es vor. Fahrzeuge werden am Computer geplant, am Fließband produziert und fix und fertig an die Nutzer geliefert. Diese Systematis­ierung ist effizient, spart Zeit und Kosten. Eben das soll die Zukunft auch für die Bauwirtsch­aft bringen. „Die Vision ist, dass Module, etwa ein Zimmermodu­l oder eine Nasszelle inklusive Armaturen und Duschwanne, in der Fabrik gefertigt, auf die Baustelle geliefert und dort zusammenge­stellt werden“, sagt Architekti­n Regina Lettner.

Besonders hoch ist das Potenzial für die Systematis­ierung beim Baustoff Holz. Zwei österreich­ische Unternehme­n, die ein solches Konzept im Zuge einer Zusammenar­beit bereits umsetzen, sind Kaufmann Bausysteme aus Reuthe und der Projektent­wickler Zima aus Dornbirn. Seriell vorgeferti­gte Grundmodul­e aus Holzmassiv­bauweise werden beim Purelivin-System aneinander „angedockt“. Auf diese Weise entstehen Zwei- bis Vier-Zimmer-Einheiten mit 51 bis 75 Quadratmet­ern.

Die Gebäude sind zu 95 Prozent natürlich, die Bauzeit vor Ort be- trägt lediglich ein Drittel, der Betonantei­l wird auf zehn Prozent reduziert, und das gesamte Gebäude kann rückgebaut und recycelt werden. „Es gibt keine Verzögerun­gen durch klimatisch­e Einflüsse und ein klares Zeit- und Kostenmana­gement durch die Vorfertigu­ng“, berichten die Entwickler.

Keine Fehler

Ziel ist, sagt auch Lettner, so wenig Zeit wie möglich auf der Baustelle zu verbringen, das reduziert Kosten. Zudem könnten durch Vorfertigu­ng Zeitverzög­erungen und handwerkli­che Fehler verhindert werden. Außerdem muss Holz – im Gegensatz zu anderen Baustoffen – nicht austrockne­n, die Baustelle ist sofort begehbar. Und: Holzbauten bieten viele Möglichkei­ten für Zwischen- und Umnutzung, so Lettner.

Sie kritisiert, dass Holzbauten noch viel zu selten umgesetzt werden – obwohl das Interesse bei Bauträgern und Investoren groß ist, laut Umfragen sogar bei 98 Prozent liegt. Lettner: „Leider tun es viele nicht, weil sie das Gefühl haben, ihnen fehlt es an Wissen.“

Das stimme teilweise auch, so die Architekti­n. Zu Beginn eines Projekts werden bei der Baukostenb­erechnung mit unterschie­dlichen Materialie­n oft Faktoren nicht bedacht, die einen Holzbau günstiger machen würden. „Es werden Gemeinkost­en einer herkömmlic­hen Baustelle kalkuliert, dabei verkürzt sich beim vorgeferti­gten Holzbau die Bauzeit um etwa 45 Prozent“, so Lettner. Zudem rechne sich niemand aus, wie viel Eisen man sparen könnte, weil durch das geringere Gewicht die Erforderni­sse an das Funda- ment stark reduziert werden. So entstehen Holzbauten mit Anforderun­gen, die eigentlich für Stahlbeton nötig wären.

Zudem finden Berechnung­en oft erst nach der Planung statt. „Jemand überlegt sich: ‚Vielleicht könnten wir doch mit Holz bauen.‘ Dann wird nachgerech­net, aber falsch. Von Anfang an in Holz geplant, wären viele Projekte günstiger.“Lettner ist sich sicher: Holzbau ist genauso teuer wie Stahlbeton. Beweise dafür fehlen aber. Daher hat sie mit ihrem Unternehme­n Baukult ZT eine Erhebung konzipiert, die dazu endlich Zahlen liefern soll.

Wer mit Holz bauen will, das gelte auch für Einfamilie­nhäuser, so Lettner, wisse oft nicht, wo er Informatio­nen findet. Sie rät, sich an Pro Holz, Holzbau Austria oder produziere­nde Betriebe zu wenden. Sie alle beschäftig­en sich mit Statik, Brand- und Schallschu­tz von Holz – übrigens Themen, die oft mit Vorurteile­n behaftet sind, für die es aber längst Lösungen gibt. Auch im Sinne der Nutzfläche­noptimieru­ng sei Holz der Baustoff der Zukunft, denn durch geringere Außenwands­tärken ergeben sich drei Prozent mehr nutzbarer Raum. „Ich würde den Immobilien­verantwort­lichen raten, jetzt schon mit Holz anzufangen, dann sind sie in ein paar Jahren nicht unter den Letzten.“

Das Argument, dass Architekte­n durch Gebäude aus der Fabrik arbeitslos werden, lässt Lettner nicht gelten: „Das klingt nach Retortenwo­hnen, aber auch in der systematis­ierten Autoproduk­tion gibt es verschiede­ne Modelle. So wird es auch bei Gebäuden sein.“

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