Der Standard

Anständig dirigieren

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Eine Sängerin: Greifen Sie mir nicht mehr unter meinen Pullover, Maestro. Ein Hornist: Nennen Sie mich nicht mehr Arschloch, Maestro. Maestro: Das ist ein Witz. Ich hab zwar schon einmal einer Frau unter den Pullover gegriffen, aber Ihnen sicher nicht. Das haben Sie plötzlich erfunden. Sängerin: Warum sollte ich? gra

Maestro: Es gibt viele Möglichkei­ten, warum eine Frau etwas erfindet, was nicht stimmt. Künstlerin­nen tun das, weil sie die Rolle nicht bekommen haben, die sie wollten. Sie sind halt tief gekränkt. Sängerin: Ich steh dazu: Sie haben mich begrapscht, und ich wollte das nicht. Maestro: Wenn, dann war es ein Missverstä­ndnis. Wenn ich danebengeg­riffen hab, entschul- dige ich mich hundert- und tausendmal. Hornist: Und wir Hornbläser? Sind alle Volltrotte­l und Schwänze? Maestro: Das habe ich vor Jahrzehnte­n gesagt, da waren Sie 23. Wenn die Horngruppe etwas nach zehn- oder zwölfmal nicht zusammenbr­ingt, wird man als Dirigent schon manchmal ausfallend. Hornist: Deswegen durften Sie uns Rindvieche­r und Schwänze nennen?

Maestro: Toscanini hat mit seiner Uhr und der Partitur herumgewor­fen, das tu ich nicht. Ich hab früher gebrüllt, das tu ich nicht mehr. Jetzt bemühe ich mich, sehr gezügelt und anständig zu probieren.

Maestro (Zitatauszü­ge aus einem „ZiB 2“-Interview) geht anständig ab. Das Staunen bleibt.

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