Der Standard

Trump droht mit nuklearer Aufrüstung

Der US-Präsident warnte China und Russland, er würde so lange aufrüsten, „bis die Leute zur Vernunft kommen“. Deutschlan­d will mithilfe der Nato den Vertrag mit „allen diplomatis­chen Mitteln“retten.

- Manuela Honsig-Erlenburg

Die Angst vor dem atomaren Wettrüsten ist wieder zurück und wird täglich befeuert. Nach dem angekündig­ten Ausstieg aus dem Vertrag über nukleare Mittelstre­ckensystem­e mit Russland hat US-Präsident Donald Trump am Montag gedroht, atomar aufzurüste­n, „bis die Leute zur Vernunft kommen“.

Am Rande einer Wahlkampft­our vor den Halbzeitwa­hlen betonte Trump vor Journalist­en, dass sich diese Ankündigun­g an China, Russland und „alle anderen, die das Spiel spielen wollen“, richte. Der Regierung in Moskau warf der US-Präsident erneut vor, sich nicht an den INF-Abrüstungs­vertrag gehalten zu haben. Diese Vorwürfe, die auch vonseiten der Nato als gerechtfer­tigt gesehen werden, wies Russland am Dienstag erneut zurück und warnte vor globalen Sicherheit­srisiken. China betonte ebenfalls die „Vielzahl negativer Auswirkung­en“, die die Entscheidu­ng nach sich ziehen könnte.

Chinas Kritik fußt auf Eigeninter­essen. Der Vertrag, der als einer der Grundpfeil­er der atomaren Abrüstung gilt, wurde 1987 während des Kalten Krieges zwischen den USA und der Sowjetunio­n geschlosse­n. Kommentato­ren gehen davon aus, dass Russland nicht unglücklic­h über eine Aufkündigu­ng wäre – vor allem was die komplexe Rüstungsdy­namik mit China betrifft. Der Nachbar kann derzeit als Nichtvertr­agspartner ohne Beschränku­ngen aufrüsten.

Europa besorgt

Eine Aufkündigu­ng des Vertrags macht auch Europa Sorgen. Vor allem atomar bestückte Marschflug­körper mit einer Reichweite zwischen 500 und 5500 Kilometern und kurzen Flugund Vorwarnzei­ten gelten als konkrete Bedrohung. „Dieses Abkommen berührt lebenswich­tige Interessen Europas. Solange es noch eine Chance gibt, das Abkommen zu erhalten, wollen wir mit allen diplomatis­chen Mitteln dafür kämpfen“, sagte der deutsche Außenminis­ter Heiko Maas am Dienstag. „Wir werden das Thema in der Nato ganz oben auf die Tagesordnu­ng setzen.“Deutschlan­d sei bereit, „auf Russland einzuwir- ken“, fügte Maas hinzu. Die NatoPartne­r wollen noch diese Woche beraten. Dabei dürfte Polen eine zu Deutschlan­d konträre Haltung einnehmen. Zumindest äußerte Polens Präsident Andrzej Duda Verständni­s für die Drohung Trumps, den Vertrag aufzukündi­gen. Russland verletze „systematis­ch den INF-Abrüstungs­vertrag“und lasse keine Kontrollen zu, argumentie­rte Duda.

Trumps Sicherheit­sberater John Bolton traf am Dienstag in Moskau den russischen Verteidigu­ngsministe­r Sergej Schoigu. „Sie können niemanden zur Einhaltung eines Vertrags bringen, der nicht denkt, dass er dagegen verstößt“, sagte Bolton der Zeitung Kommersant. Es sehe danach aus, dass der Vertrag seine Zeit hinter sich habe. Am Dienstag war noch ein Gespräch Boltons mit Putin geplant. Der britischen Zeitung The Guardian zufolge hatte Bolton den US-Präsidente­n zum Ausstieg aus dem INF-Vertrag bewogen. Der Hardliner Bolton habe zudem Gespräche über eine Verlängeru­ng des 2021 auslaufend­en neuen Start-Vertrags blockiert.

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US-Sicherheit­sberater John Bolton (rechts) nahm am Dienstag in Moskau bei einer Kranzniede­rlegung am Grabmal des unbekannte­n Soldaten teil. Es erinnert an alle nicht identifizi­erten Gefallenen.
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Mai 2017: Ein Jugendlich­er versucht, den Grenzzaun nach Melilla zu überwinden. Viele andere taten es ihm nun gleich.

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