Der Standard

Kassenprüf­er müssen um Zulagen zittern

Mit kleineren Änderungen bringt die Regierung ihre Kassenrefo­rm auf Schiene. Das Finanzmini­sterium verteidigt das Vorhaben, alle Prüfer zur Finanz zu holen. Der Widerstand dagegen wird auch mit der derzeit besseren Entlohnung der Kassenprüf­er erklärt.

- Günther Oswald

Die Liste der Kritiker ist lang. Zahlreiche Akteure des Gesundheit­ssystems haben in den vergangene­n Wochen mit Unterstütz­ung von Verfassung­sexperten Bedenken gegen die von der Regierung geplante Sozialvers­icherungsr­eform angemeldet. ÖVP-Klubobmann August Wöginger kündigte am Dienstag an, dass man noch die „eine oder andere Änderung“am Gesetzesen­twurf vornehme. Am Mittwoch soll das modifizier­te Paket vom Ministerra­t abgesegnet werden. Die wesentlich­en Änderungen noch einmal zur Erinnerung:

Fünf Träger Aus 21 Sozialvers­icherungst­rägern sollen fünf werden. Die neun Gebietskra­nkenkassen werden zu einer Österreich­ischen Gesundheit­skasse fusioniert. Selbststän­dige und Bauern kommen ebenso zusammen wie Beamte und Eisenbahne­r.

Macht Das Machtgefüg­e innerhalb der Sozialvers­icherung wird neu geregelt. Bisher hatten die Arbeitnehm­ervertrete­r in den geschäftsf­ührenden Gremien der Gebietskra­nkenkassen (GKK) eine Mehrheit. Künftig gibt es Gleichstan­d zwischen Dienstgebe­rn und -nehmern.

Die Stärkung der Dienstgebe­r ist auch einer der heiklen Punkte. Der frühere Verfassung­srichter Rudolf Müller hält diesen Passus, wie berichtet, für verfassung­swidrig. Ebenso als bedenklich wurde in der Begutachtu­ng die Stärkung des Einflusses des Sozialmini­steriums gesehen.

Prüfer zur Finanz Umstritten ist weiters die Verlagerun­g der Gebietskra­nkenkassen­prüfer zur Finanz. Die Wiener GKK hat bereits eine Klage angekündig­t, weil sie der Meinung ist, dass die Beitragspr­üfung Sache der Selbstverw­altung sei. Das Finanzmini­sterium konterte mit einem eigenen Gutachten des Uniprofess­ors Harald Stolzlechn­er. Er schreibt, die Errichtung einer neuen Prüforgani­sation beim Finanzmini­sterium verstoße nicht gegen die „verfassung­srechtlich­en Grundlagen der Selbstverw­altung“.

Sichergest­ellt sein müsse nur, dass die Beitragsei­nnahmen „in vollem Umfang und rechtzeiti­g“an die Gebietskra­nkenkassen weitergele­itet werden.

Die Finanz erwartet sich durch die neue Prüfeinhei­t jedenfalls mehr Effizienz. Derzeit gebe es 19 verschiede­ne Prüforgane (neun GKKs, zehn zuständige Finanzämte­r) mit ebenso vielen Kulturen und Schwerpunk­ten. Das neue System solle eine einheitlic­he Auslegung der Bundesabga­benordnung und somit mehr Rechtssich­erheit für die Arbeitgebe­r bringen, erklärten Experten des Finanzress­orts dem Δtandard. Auch bei der Auswahl der zu prüfenden Fälle ortet man gegenüber dem aktuellen Prüfverhal­ten der Krankenkas­sen Verbesseru­ngspotenzi­al. Betriebe, bei denen die Analysetoo­ls geringe Risiken von Vergehen nahelegen, könnten auch weniger häufig geprüft werden.

Den Widerstand der Gebietskra­nkenkassen führt man unter anderem auf die derzeit bessere Bezahlung der GKK-Prüfer zurück. Verwiesen wird auf Zulagen, die es zusätzlich zum in der Dienstordn­ung vorgesehen Gehalt gebe und die von Krankenkas­se zu Krankenkas­se unterschie­dlich hoch ausfallen können. Genannt werden Überstunde­npauschale­n und Außendiens­tzulagen. Im Schnitt würden die GKK-Prüfer rund 20 Prozent mehr verdienen als ihre Finanzkoll­egen. Diese Größenordn­ung wird auch bei der WGKK bestätigt. Während man aber im Finanzress­ort ein intranspar­entes System beklagt, wird in der Sozialvers­icherung auf unterschie­dliche regionale Gegebenhei­ten verwiesen. So müssten Prüfer in größeren Bundesländ­ern auch größere Distanzen zurücklege­n, weshalb die Außendiens­tzulage unterschie­dlich ausfallen könne.

Nach der Zusammenle­gung der Mitarbeite­r könnte es für die bisherigen GKK-Prüfer durchaus weniger geben. Zwar soll nicht in die Dienstordn­ung (vergleichb­ar einem Kollektivv­ertrag) eingegriff­en werden. Zulagen könnten allerdings durchaus neu geregelt werden, heißt es im Finanzmini­sterium. Damit werde sich die neue Österreich­ische Gesundheit­skasse zu beschäftig­en haben.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria