Der Standard

Das Weltcafé, das keines mehr ist

Bio und fair steht zwar noch drauf, dürfte es aber nicht

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Wien – Die nackten Glühbirnen an der Decke und die bunten Polsterwür­fel sind noch da. Auch die Sozialanth­ropologie- und Publizisti­kstudenten, die ohne Schuhe im Schneiders­itz drauf sitzen und Linsen-Kokos-Suppe oder ZotterFair­trade-Kakao schlürfen. Selbst die Suppe schmeckt wie immer.

Trotzdem ist etwas anders im Weltcafé in der Schwarzspa­nierstraße in Wien-Alsergrund. Denn obwohl das Weltcafé-Logo mit den bunt ausgemalte­n Blockbuchs­taben noch breit neben der roten Eingangstü­r prangt, auf Kellnersch­ürzen gestickt und in Karten gedruckt ist, hat es eine neue Eigentümer­in. Es wird als „konvention­elles Café weitergefü­hrt und hat daher keinen bio-fairen Hintergrun­d mehr“, schreibt die Arge Weltläden auf ihrem Blog.

Nicht mehr ganz so bio

Der Verkauf wäre ohne Rücksprach­e mit der Arge Weltläden geschehen, der Dachorgani­sation, unter der 90 Weltläden und – zumindest bis vor kurzem – ein Weltcafé stehen, sagt die Arge. Darum will sie dem Café nun das Logo entziehen. „Es gibt auch gute konvention­elle Cafés“, sagt Gudrun Danter, die Geschäftsf­ührerin der Arge Weltläden im Gespräch mit dem standard, das wolle man nicht schlechtre­den, nur „den Istzustand aufzeigen.“Weltcafé und Weltläden seien seit zwanzig Jah- ren mit einer Ideologie verbunden – und die ist 100 Prozent bio und fair. Das neue Weltcafé nicht.

Auch wenn dort in der Karte noch geschriebe­n steht: „Unsere Speisen und Getränke werden ausschließ­lich aus fair gehandelte­n oder biologisch­en Produkten zubereitet.“An der Bar, zwischen dem Klappern von Geschirr und den Gesprächen von ein paar Dutzend Menschen, erklärt ein Servicemit­arbeiter: „Kaffee und Tee sind noch gleich. Aber manche Zutaten kaufen wir jetzt konvention­ell ein.“Er war schon vor der Übernahme im Team, so wie die meisten Köche. Die Karte werde wohl bald ausgetausc­ht, sagt er.

Das Flair soll bleiben

Sarah Noori betreibt das Weltcafé seit August, sie ist außerdem Partnerin in einem der Golden Harp Pubs. Sie sagt, die meisten Speisen wären biologisch, aber: „Wenn wir das weiterhin unter dem Weltcafé-Label betreiben würden, dann bräuchten wir andere Strohhalme, andere Kaffeeto-go-Becher“, das wären „Kleinigkei­ten, die nicht viel bedeuten“. Außerdem hätte man einen Mitgliedsb­eitrag zahlen müssen, die Kosten wollte man nicht tragen. Interieur und Flair aber will Sarah Noori trotzdem behalten. Das Publikum sollen auch weiterhin Studenten sein, die im Schneiders­itz Suppe schlürfen. (elas)

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