Der Fördergeld-Europameister aus Maria Gugging
Forschungsförderung im Wettbewerb war das Thema einer Tagung am IST Austria. Experten diskutierten, welche Kriterien dafür nötig seien.
Ob Skifahrer, Fußballer oder Golfer: Jeder Sportler weiß, was er zu tun hat, um im Wettbewerb zu bestehen. Prinzipiell wissen das wohl auch Wissenschafter, die sich im Wettbewerb um Fördermittel befinden. Sie müssen mit ihren vielleicht Neuland betretenden Projektanträgen eine Fachjury überzeugen, um Geld für ihr Forschungsvorhaben zu erhalten. Da die Mittel dafür immer enden wollend sind, sollten natürlich nur die Besten zum Zug kommen. Manchmal müssen auch gute Anträge abgewiesen werden, wenn die Gelder nicht ausreichen. Antragsteller beim notorisch unterdotierten Wissenschaftsfonds FWF wissen ein Lied davon zu singen. Dem FWF fehlen derzeit jährlich etwa 84 Millionen Euro, um wirklich alle förderwürdigen Projekte finanzieren zu können.
Am vergangenen Montag war der Wettbewerb in der Wissenschaft Thema einer Tagung am IST Austria in Maria Gugging: „The Role of Competitive Research Funding in Science“wurde im Rahmen der EURatspräsidentschaft vom Institut selbst und vom Wissenschaftsministerium veranstaltet. IST-Austria-Chef Thomas Henzinger nützte die Gelegenheit, seine Anliegen hinsichtlich einer fairen wettbewerbsorientierten Forschung festzuhalten – sie klangen wie ein Wunschkanon an die Politik, um unabhängige Grundlagenforschung möglich zu machen. Über Henzingers Aussagen stand vor allem der Wunsch nach so wenig Einfluss wie möglich von oben.
„Research fundings“, meinte der Wissenschafter beispielsweise, sollten frei von politisch-strategischem Hintergrund sein. Fördermittel müssten so flexibel wie unbürokratisch vergeben werden. Schließlich müsste es auch Overheads geben, „denn Forschungsprojekte kosten auch in der Abwicklung Geld, insbesondere wenn dazu teuere Geräte verwendet werden“. Der FWF kann schon seit einigen Jahren keine Overheads vergeben.
Henzinger meinte auch, dass Fördergeber Wissenschafter nicht zu Kooperationen zwangsverpflichten sollten. Exzellente Forscher würden sich immer nach Möglichkeiten für Kollaborationen umschauen. Daher gelte für ihn: „Fund principal inves- tigators, not principal coordinators.“Die Wissenschaftsforscherin und ehemalige Präsidentin des Europäischen Forschungsrats ERC, Helga Nowotny, betonte, dass die Ungewissheit über mögliche Ergebnisse eine Voraussetzung für gute Wissenschaft sei. Um zu Ergebnissen, welcher Art auch immer, zu kommen, benötige man aber auch eine relevante Frage. Nowotny lobte in diesem Zusammenhang die OpenScience-Initiative der Ludwig-BoltzmannGesellschaft, die interessierte Laien aufforderte, genau diese Frage zu suchen.
Marc Schiltz, Präsident von Science Europe, meinte, Wissenschafter dürften bei der Frage nach Ergebnissen nie etwas versprechen, was sie allein nicht halten könnten – und erntete damit wohlwollendes Kopfnicken. Das aber scheinen Grundlagenforscher wie Thomas Henzinger ohnehin nicht tun zu wollen: Er sagte sinngemäß, wer heute voraussagen könne, welche Ergebnisse seine Arbeit in vier Jahren zeitigen würde, betreibe keine Wissenschaft. Weniger Zustimmung erntete Schiltz für die Aussage, dass er von Bottom-up-Förderung allein nicht so überzeugt sei, also von Wissenschaft ohne thematische Vorgaben.
Europameister in Gugging
Als ein Musterbeispiel für bestmögliche Wettbewerbsbedingungen wurde der Europäische Forschungsrat ERC genannt. Dessen derzeitiger Vorsitzender, der französische Mathematiker Jean-Pierre Bourguignon, präsentierte ein Ranking, in dem die Gastgeber der Tagung, das IST Austria, europäische Spitzenreiter sind: Demnach liegt das Institut mit 48 Prozent Erfolgsquote vor dem Weizmann-Institut (35 %), der ETH Zürich (29 %), den Universitäten von Cambridge (23 %) und Oxford (19 %) oder der Max-Planck-Gesellschaft (22 %). Erhebungszeitraum ist 2007 bis 2017.
Selbstverständlich dürfen sich auch andere österreichische Forschungseinrichtungen über Erfolge beim ERC freuen. Das Institut für Molkulare Pathologie (IMP) zum Beispiel hat mit 15 Arbeitsgruppen insgesamt 16 Grants eingeworben, das sind 80 Prozent aller Anträge, die im Wettbewerb erfolgreich waren.