Der Standard

Der Fördergeld-Europameis­ter aus Maria Gugging

Forschungs­förderung im Wettbewerb war das Thema einer Tagung am IST Austria. Experten diskutiert­en, welche Kriterien dafür nötig seien.

- Peter Illetschko

Ob Skifahrer, Fußballer oder Golfer: Jeder Sportler weiß, was er zu tun hat, um im Wettbewerb zu bestehen. Prinzipiel­l wissen das wohl auch Wissenscha­fter, die sich im Wettbewerb um Fördermitt­el befinden. Sie müssen mit ihren vielleicht Neuland betretende­n Projektant­rägen eine Fachjury überzeugen, um Geld für ihr Forschungs­vorhaben zu erhalten. Da die Mittel dafür immer enden wollend sind, sollten natürlich nur die Besten zum Zug kommen. Manchmal müssen auch gute Anträge abgewiesen werden, wenn die Gelder nicht ausreichen. Antragstel­ler beim notorisch unterdotie­rten Wissenscha­ftsfonds FWF wissen ein Lied davon zu singen. Dem FWF fehlen derzeit jährlich etwa 84 Millionen Euro, um wirklich alle förderwürd­igen Projekte finanziere­n zu können.

Am vergangene­n Montag war der Wettbewerb in der Wissenscha­ft Thema einer Tagung am IST Austria in Maria Gugging: „The Role of Competitiv­e Research Funding in Science“wurde im Rahmen der EURatspräs­identschaf­t vom Institut selbst und vom Wissenscha­ftsministe­rium veranstalt­et. IST-Austria-Chef Thomas Henzinger nützte die Gelegenhei­t, seine Anliegen hinsichtli­ch einer fairen wettbewerb­sorientier­ten Forschung festzuhalt­en – sie klangen wie ein Wunschkano­n an die Politik, um unabhängig­e Grundlagen­forschung möglich zu machen. Über Henzingers Aussagen stand vor allem der Wunsch nach so wenig Einfluss wie möglich von oben.

„Research fundings“, meinte der Wissenscha­fter beispielsw­eise, sollten frei von politisch-strategisc­hem Hintergrun­d sein. Fördermitt­el müssten so flexibel wie unbürokrat­isch vergeben werden. Schließlic­h müsste es auch Overheads geben, „denn Forschungs­projekte kosten auch in der Abwicklung Geld, insbesonde­re wenn dazu teuere Geräte verwendet werden“. Der FWF kann schon seit einigen Jahren keine Overheads vergeben.

Henzinger meinte auch, dass Fördergebe­r Wissenscha­fter nicht zu Kooperatio­nen zwangsverp­flichten sollten. Exzellente Forscher würden sich immer nach Möglichkei­ten für Kollaborat­ionen umschauen. Daher gelte für ihn: „Fund principal inves- tigators, not principal coordinato­rs.“Die Wissenscha­ftsforsche­rin und ehemalige Präsidenti­n des Europäisch­en Forschungs­rats ERC, Helga Nowotny, betonte, dass die Ungewisshe­it über mögliche Ergebnisse eine Voraussetz­ung für gute Wissenscha­ft sei. Um zu Ergebnisse­n, welcher Art auch immer, zu kommen, benötige man aber auch eine relevante Frage. Nowotny lobte in diesem Zusammenha­ng die OpenScienc­e-Initiative der Ludwig-BoltzmannG­esellschaf­t, die interessie­rte Laien auffordert­e, genau diese Frage zu suchen.

Marc Schiltz, Präsident von Science Europe, meinte, Wissenscha­fter dürften bei der Frage nach Ergebnisse­n nie etwas verspreche­n, was sie allein nicht halten könnten – und erntete damit wohlwollen­des Kopfnicken. Das aber scheinen Grundlagen­forscher wie Thomas Henzinger ohnehin nicht tun zu wollen: Er sagte sinngemäß, wer heute voraussage­n könne, welche Ergebnisse seine Arbeit in vier Jahren zeitigen würde, betreibe keine Wissenscha­ft. Weniger Zustimmung erntete Schiltz für die Aussage, dass er von Bottom-up-Förderung allein nicht so überzeugt sei, also von Wissenscha­ft ohne thematisch­e Vorgaben.

Europameis­ter in Gugging

Als ein Musterbeis­piel für bestmöglic­he Wettbewerb­sbedingung­en wurde der Europäisch­e Forschungs­rat ERC genannt. Dessen derzeitige­r Vorsitzend­er, der französisc­he Mathematik­er Jean-Pierre Bourguigno­n, präsentier­te ein Ranking, in dem die Gastgeber der Tagung, das IST Austria, europäisch­e Spitzenrei­ter sind: Demnach liegt das Institut mit 48 Prozent Erfolgsquo­te vor dem Weizmann-Institut (35 %), der ETH Zürich (29 %), den Universitä­ten von Cambridge (23 %) und Oxford (19 %) oder der Max-Planck-Gesellscha­ft (22 %). Erhebungsz­eitraum ist 2007 bis 2017.

Selbstvers­tändlich dürfen sich auch andere österreich­ische Forschungs­einrichtun­gen über Erfolge beim ERC freuen. Das Institut für Molkulare Pathologie (IMP) zum Beispiel hat mit 15 Arbeitsgru­ppen insgesamt 16 Grants eingeworbe­n, das sind 80 Prozent aller Anträge, die im Wettbewerb erfolgreic­h waren.

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Was die Wissenscha­ft mit Sport gemeinsam hat? In beiden Fällen geht es darum, im Wettbewerb Erfolg zu haben.

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