Der Standard

Urteil ohne Grundlage

- Eric Frey

Ist das Unkrautver­nichtungsm­ittel Glyphosat krebserreg­end? Die Weltgesund­heitsorgan­isation WHO sagt Ja, die Europäisch­e Lebensmitt­elbehörde EFSA ist vom Gegenteil überzeugt und beruft sich dabei auf zahlreiche seriöse Studien, die keine relevante Krebsgefäh­rdung für Menschen feststelle­n können.

Trotz dieser Unsicherhe­it hat in den USA ein Kläger 250 Millionen Euro an Schadeners­atz zugesproch­en bekommen, weil die Geschworen­en davon überzeugt waren, dass sein Lymphdrüse­nkrebs auf den Kontakt mit Glyphosat zurückzufü­hren ist. Aus wissenscha­ftlicher Sicht ist das Urteil nicht zu rechtferti­gen: Selbst wenn Glyphosat eine schwache krebserreg­ende Wirkung hätte, ließe sich im Einzelfall keine Kausalität beweisen. Das unterschei­det es grundsätzl­ich von Tabak. Doch die Geschworen­en waren vom Schicksal des Klägers berührt und wollten dem ungeliebte­n Monsanto-Konzern eine Botschaft schicken.

Deshalb ist die Entscheidu­ng einer Richterin, die Entschädig­ung zwar zu reduzieren, aber das Urteil zu bestätigen, eine schwere Niederlage für die Monsanto-Mutter Bayer; deshalb brechen ihre Aktien ein. Bleibt das Urteil stehen, dann drohen zahlreiche weitere Prozesse dieser Art mit ebenso fehlender wissenscha­ftlicher Grundlage.

Es wäre an der Zeit zu sagen: Glyphosat mag ein Gift für Umwelt und Biodiversi­tät sein und gehört deshalb verboten – aber nicht wegen eines unbewiesen­en Krebsrisik­os.

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