Der grüne Einzelkämpfer im schwarz-blauen Land
Seit mittlerweile 15 Jahren macht Rudi Anschober seinen „Green Job“in der oberösterreichischen Landesregierung – und hält aktuell die eigene Bundespartei thematisch über Wasser.
Gepredigt wird gerne der Neustart, doch die österreichischen Grünen fahren mit angezogener Fahrradbremse. Mit dem Rauswurf aus dem Nationalrat wurde der Ökopartei auch das Licht der Öffentlichkeit abgedreht. Relevante Themen können kaum mehr auf der großen Politbühne platziert werden.
Und doch gibt es eine Ausnahme: Während man auf Bundesebene zwischen Sinnsuche und Wundenlecken pendelt, sorgt im fernen Oberösterreich mit Rudi Anschober ein grünes Urgestein dafür, dass die Partei nicht völlig unter der Wahrnehmungsgrenze verschwindet.
Gefürchtet hartnäckig
Mit der Initiative „Ausbildung statt Abschiebung“– 63.000 Unterstützer gibt es bereits – ist es Anschober dank seiner bekannten wie gefürchteten Hartnäckigkeit gelungen, ein grünes Thema öster- reichweit zu platzieren und entsprechend am Köcheln zu halten.
Anschober meistert den schmalen Grat zwischen nötiger Distanz und notwendiger Nähe zur schwer angeschlagenen „Mutterpartei“souverän. Er zeigt vor allem keine Ambitionen, eine offizielle Rolle auf Bundesebene zu übernehmen. Die Rolle als Bundessprecher etwa hat der grüne Landesrat zuletzt dankend abgelehnt.
Mit 15 Jahren hat Anschober die längste Amtszeit aller aktuellen Landesregierungsmitglieder in Oberösterreich vorzuweisen. Am 23. Oktober 2003 wurde der ehemalige Nationalratsabgeordnete als Landesrat und damit auch Österreichs erste schwarz-grüne Landeskoalition angelobt. Das Symbol des damaligen Wahlkampfs ziert heute noch Anschobers Büro: der grüne Sessel. Es sei schon immer sein „politischer Traum, in einer Region Regie- rungsverantwortung zu übernehmen und zu zeigen, dass grüne Konzepte umsetzbar sind“.
Die zwölf Jahre an der Seite von Oberösterreichs Langzeit-Landeshauptmann Josef Pühringer liefen, für viele durchaus überraschend, weitgehend harmonisch. Mit dem Kernthema Energiewende sei Oberösterreich „eine Modellregion“gewesen, ist Anschober überzeugt.
Und doch bleibt auch Kritik, offen etwa vonseiten der Industriellenvereinigung, nicht aus. Insbesondere die von Anschober gerne angeführten 48.000 neuen grünen Berufe wurden und werden von Skeptikern in Zweifel gezogen. Süffisant wurde da schon mal gefragt, ob etwa der Fahrer eines Erdgas-Autobusses eigentlich auch einen „Green Job“habe.
Der schwarz-grüne Bruch erfolgte dann nach der Landtagswahl 2015. Die ÖVP einigte sich mit der FPÖ, am 23. Oktober 2015 wurde die schwarz-blaue Koalition offiziell angelobt. Für Anschober die Zeit, in der er erstmals in seiner langen politischen Karriere an einen Rückzug dachte: „Es war ein Tiefpunkt, der mich emotional sehr hergenommen hat. Ich habe eine Nacht lang überlegt, ob ich das Regierungsmandat annehmen soll.“
Erfolgreich integriert
Doch Anschober setzte sich eine Frist – und machte weiter. Zu stemmen galt es das Integrationsressort. Ein Bereich, den damals weder ÖVP noch FPÖ wollten – und den Anschober heute durchaus erfolgreich und ohne große schwarz-blaue Eingriffe führt.
Gesundheitlich fühlt sich der begeisterte Hobbyläufer, den 2012 ein Burnout zu einem mehrmonatigen Krankenstand zwang, „fitter denn je“. Und selbst nach 28 Jahren Spitzenpolitik ist für Rudi Anschober eines klar: „Es ist der schönste Beruf der Welt.“