Der Standard

Der grüne Einzelkämp­fer im schwarz-blauen Land

Seit mittlerwei­le 15 Jahren macht Rudi Anschober seinen „Green Job“in der oberösterr­eichischen Landesregi­erung – und hält aktuell die eigene Bundespart­ei thematisch über Wasser.

- Markus Rohrhofer

Gepredigt wird gerne der Neustart, doch die österreich­ischen Grünen fahren mit angezogene­r Fahrradbre­mse. Mit dem Rauswurf aus dem Nationalra­t wurde der Ökopartei auch das Licht der Öffentlich­keit abgedreht. Relevante Themen können kaum mehr auf der großen Politbühne platziert werden.

Und doch gibt es eine Ausnahme: Während man auf Bundeseben­e zwischen Sinnsuche und Wundenleck­en pendelt, sorgt im fernen Oberösterr­eich mit Rudi Anschober ein grünes Urgestein dafür, dass die Partei nicht völlig unter der Wahrnehmun­gsgrenze verschwind­et.

Gefürchtet hartnäckig

Mit der Initiative „Ausbildung statt Abschiebun­g“– 63.000 Unterstütz­er gibt es bereits – ist es Anschober dank seiner bekannten wie gefürchtet­en Hartnäckig­keit gelungen, ein grünes Thema öster- reichweit zu platzieren und entspreche­nd am Köcheln zu halten.

Anschober meistert den schmalen Grat zwischen nötiger Distanz und notwendige­r Nähe zur schwer angeschlag­enen „Mutterpart­ei“souverän. Er zeigt vor allem keine Ambitionen, eine offizielle Rolle auf Bundeseben­e zu übernehmen. Die Rolle als Bundesspre­cher etwa hat der grüne Landesrat zuletzt dankend abgelehnt.

Mit 15 Jahren hat Anschober die längste Amtszeit aller aktuellen Landesregi­erungsmitg­lieder in Oberösterr­eich vorzuweise­n. Am 23. Oktober 2003 wurde der ehemalige Nationalra­tsabgeordn­ete als Landesrat und damit auch Österreich­s erste schwarz-grüne Landeskoal­ition angelobt. Das Symbol des damaligen Wahlkampfs ziert heute noch Anschobers Büro: der grüne Sessel. Es sei schon immer sein „politische­r Traum, in einer Region Regie- rungsveran­twortung zu übernehmen und zu zeigen, dass grüne Konzepte umsetzbar sind“.

Die zwölf Jahre an der Seite von Oberösterr­eichs Langzeit-Landeshaup­tmann Josef Pühringer liefen, für viele durchaus überrasche­nd, weitgehend harmonisch. Mit dem Kernthema Energiewen­de sei Oberösterr­eich „eine Modellregi­on“gewesen, ist Anschober überzeugt.

Und doch bleibt auch Kritik, offen etwa vonseiten der Industriel­lenvereini­gung, nicht aus. Insbesonde­re die von Anschober gerne angeführte­n 48.000 neuen grünen Berufe wurden und werden von Skeptikern in Zweifel gezogen. Süffisant wurde da schon mal gefragt, ob etwa der Fahrer eines Erdgas-Autobusses eigentlich auch einen „Green Job“habe.

Der schwarz-grüne Bruch erfolgte dann nach der Landtagswa­hl 2015. Die ÖVP einigte sich mit der FPÖ, am 23. Oktober 2015 wurde die schwarz-blaue Koalition offiziell angelobt. Für Anschober die Zeit, in der er erstmals in seiner langen politische­n Karriere an einen Rückzug dachte: „Es war ein Tiefpunkt, der mich emotional sehr hergenomme­n hat. Ich habe eine Nacht lang überlegt, ob ich das Regierungs­mandat annehmen soll.“

Erfolgreic­h integriert

Doch Anschober setzte sich eine Frist – und machte weiter. Zu stemmen galt es das Integratio­nsressort. Ein Bereich, den damals weder ÖVP noch FPÖ wollten – und den Anschober heute durchaus erfolgreic­h und ohne große schwarz-blaue Eingriffe führt.

Gesundheit­lich fühlt sich der begeistert­e Hobbyläufe­r, den 2012 ein Burnout zu einem mehrmonati­gen Krankensta­nd zwang, „fitter denn je“. Und selbst nach 28 Jahren Spitzenpol­itik ist für Rudi Anschober eines klar: „Es ist der schönste Beruf der Welt.“

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Rudi Anschober führte die Grünen in Oberösterr­eich im Jahr 2003 in die erste schwarz-grüne Regierung auf Landeseben­e und erfüllte sich damit seinen „politische­n Traum“.

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