Wohltaten nur nach weichem Brexit
Der britische Finanzminister legt seinen Haushalt vor. Nach vielen Jahren der Austerität will der Staat wieder mehr ausgeben und Steuerzahler entlasten. Doch ein harter Brexit könnte die Ambitionen zunichtemachen.
Zusätzliche Milliarden für das staatliche Gesundheitssystem und wichtige Verkehrsinfrastruktur, mehr Geld für schnelleres Internet, höhere Sozialausgaben – der britische Finanzminister Philip Hammond hat am Montag die Ankündigung von Premierministerin Theresa May mit Zahlen angereichert, wonach die Periode strenger Sparpolitik auf der Insel zu Ende gehe. Allerdings stehe sein Haushalt unter dem Vorbehalt einer gütlichen Brexit-Einigung, warnte der staatliche Finanzverwalter am Montagnachmittag im Unterhaus.
Bereits übers Wochenende hatte der als fiskalischer Falke geltende Hammond die EU-Feinde seiner konservativen Fraktion zur Unterstützung von Mays BrexitPolitik aufgerufen. Sollte es zum Chaos-Brexit ohne Austrittsver- einbarung kommen, müsse er eine neue Strategie entwerfen. „Dann brauchen wir auch einen neuen Haushalt.“Hingegen betonte ein Sprecher Mays, die verkündeten Ausgabe-Versprechen würden in jedem Fall eingehalten.
Dabei wird Hammonds Skepsis über die Bestandsgarantie für die Haushaltsplanung von vielen Beobachtern geteilt. Zudem ist keineswegs gesichert, ob das Unterhaus dem Zahlenpaket zustimmen wird. Die Labour-Opposition will mehr Entgegenkommen für sozial Schwache erzwingen; schwierig könnte für die Minderheitsregierung aber vor allem die Haltung der nordirischen Unionisten werden. Diese haben die Aufkündigung ihrer Duldung angekündigt für den Fall, dass May mit Brüssel weitere Brexit-Kompromisse aushandelt.
Ohnehin beziehen viele der von Hammond angekündigten Wohltaten auf Ziele im kommenden Jahrzehnt. So sollen die zusätzlichen Beträge dem Gesundheitssystem NHS vom kommenden Steuerjahr an zur Verfügung stehen, das im April 2019 beginnt. Erst 2024 wäre die verkündete Summe von zusätzlich 20 Mrd. Pfund erreicht. Unmittelbar wirksam werden soll eine Steuererleichterung für Einzelhändler. In den vergangenen Wochen hatten etablierte Ketten wie Debenhams mit Hiobsbotschaften über die Schließung hunderter Filialen auf sich aufmerksam gemacht.
Allerdings gibt es seriöse Berechnungen, etwa vom Thinktank CER, dass die britische Wirtschaft seit der Austrittsentscheidung vom Juni 2016 um 2,5 Prozent weniger stark gewachsen ist, als Projektionen erwarten ließen. In diesem Jahr dürfte das Wachstum 1,3 Prozent erreichen, die Inflation liegt mit 2,4 Prozent über dem offiziellen Ziel der Bank of England, das Defizit ging zuletzt auf 1,7 Prozent des Nationaleinkommens zurück.