Der Standard

Physiker Rauscher: „Es ist wichtig, im Dialog zu bleiben“

Wie Österreich aus dem Ausland gesehen wird

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Die Republik Österreich feiert ihr 100-jähriges Bestehen. Ist das ausschließ­lich ein Grund zum Feiern? Die Wissenscha­ftsredakti­on stellt im Ausland tätigen Forschern und Forscherin­nen in diesem Jahr drei Fragen, um mehr über ihre Perspektiv­e auf das Jubiläum zu erfahren. Was beschäftig­t sie beim Blick von außen, zwischen Distanz, Stolz und Wünschen für die Zukunft? Wir fragten den Physiker Alexander Rauscher, der neue bildgebend­e Verfahren entwickelt.

100 Jahre Republik Österreich. Was bedeutet das? Rauscher: Das Jubiläum selbst nimmt man im Ausland wenig wahr. Aber die Republik an sich sehe ich, ähnlich wie die EU, als Projekt der Aufklärung. Ich hatte das Glück, vergangene­n Sommer in Wien arbeiten zu können. Da kommt man innerhalb weniger Minuten an zahlreiche­n Kulturdenk­mälern vorbei und setzt sich dann an einen Schreibtis­ch und schaut mit einer auf Quantenphy­sik basierende­n Maschine ins menschlich­e Gehirn. Da wird einem bewusst, was für ein unglaublic­hes Glück es ist, ins Mitteleuro­pa der Siebzigerj­ahre hineingebo­ren worden zu sein.

Ist Österreich als Ort des Wissens bekannt? Rauscher: Auf meinem Gebiet, der Physik, auf jeden Fall. Lise Meitner, Ludwig Boltzmann, Erwin Schrödinge­r sowie die aktuellere­n Arbeiten der Quantenphy­sikerInnen in Innsbruck und Wien sind jedem ein Begriff. Zumindest in akademisch­en Kreisen Nordamerik­as gelten Europa und auch Österreich auch als Orte des kulturelle­n Reichtums.

Was wünschen sich für Österreich? Rauscher: Für die Wissenscha­ft eine Verdoppelu­ng des Forschungs­budgets. Ganz allgemein wünsche ich mir, dass sich alle wieder ein bisschen entspannen. Denn auch wenn Österreich als Ort des Wissens und der Kultur gilt, so tritt es internatio­nal momentan eher mit negativen Schlagzeil­en in Erscheinun­g. Da ist es natürlich nicht allein, wenn man etwa nach Ungarn, nach Großbritan­nien, in die Türkei, oder in die USA blickt, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Früher hatten sich die Leute Gott zu unterwerfe­n, und in weiten Teilen der Welt ist das immer noch der Fall, heute dem Markt. Die Selbstbest­immung des Menschen bleibt dabei auf der Strecke, und das wird weltweit von Populisten aller Art ausgenutzt, um die Menschen gegeneinan­der auszuspiel­en oder aufzuhetze­n. Es ist daher wichtig, dass wir über ideologisc­he Grenzen hinweg mit unseren Mitmensche­n im Dialog bleiben. (pi)

Sie

ALEXANDER RAUSCHER ist Physiker und Associate Professor an der University of British Columbia in Kanada.

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