Schweigen im „Tunnel“bei den Brexit-Verhandlungen
Am Vortag einer entscheidenden Kabinettssitzung zum Brexit haben am Montag Gegner und Befürworter des Kurses von Premierministerin Theresa May ihre Positionen bekräftigt. Ex-Außenminister Boris Johnson macht gegen den Plan einer Übergangsphase mobil: „Wir werden ein Vasallenstaat, eine Kolonie.“
Presseberichte am Wochenende hatten davon gesprochen, May habe sich mit EU-Chefunterhändler Michel Barnier bereits auf ein rund 50-seitiges Dokument geeinigt. Damit sei auch der Weg für die ersehnte Austrittsvereinbarung frei. May musste daraufhin am Sonntag telefonisch aufgebrachte Minister beruhigen: Noch sei nichts entschieden.
Schweigephase
Auch in Brüssel wird abgewiegelt, die Chancen für eine Einigung stünden 50:50. Barnier wollte am Montagabend eine Rede halten, von der aber keine neuen Details erwartet wurden. Dem Vernehmen nach befinden sich die Delegationen in einer Schweigephase, im Jargon „Tunnel“genannt, um den Durchbruch in dieser Woche möglich zu machen. Spätestens am Freitag müsste ein Deal so weit vereinbart sein, wenn EU-Ratspräsident Donald Tusk einen Sondergipfel für Mitte des Monats einberufen soll. Dies wiederum käme den Briten entgegen, weil es die nötige Abstimmung im Unterhaus noch vor Weihnachten ermöglichen würde.
Britischen Presseberichten zufolge will May das Königreich bis auf weiteres in einer Art Zollunion mit der EU halten. Dies würde, gemeinsam mit privilegiertem Zugang Nordirlands zum EU-Binnenmarkt für Güter und Agrarprodukte, das Problem der inneririschen Grenze lösen. Allerdings drängen die konservativen EU-Feinde auf eine zeitliche Begrenzung der Zollunion. Während sich die Verhandler in Schweigen hüllen, schwadronieren die Brexit-Ultras umso lauter. „Zum ersten Mal seit 1000 Jahren“werde die Insel in der Übergangsphase Gesetze umsetzen müssen, auf die sie keinen Einfluss hat, teilte Johnson den Lesern des Boulevardblatts The Sun mit.