Der Standard

Der Elektro-Lkw ohne Fahrer kommt

Auch im deutschspr­achigen Raum gehen immer mehr digitale Logistikpl­attformen an den Start. Bewegung in die Branche bringt US-Pionier Flexport, der von Hamburg aus den Markt bedient.

- Alois Pumhösel

Kein Anruf. Noch nicht einmal eine Mail. Und schon gar kein Fax: Mit der analogen und individuel­len Kommunikat­ion, die Angebot und Nachfrage zusammenbr­ingt, ist es langsam vorbei. Das gilt auch für die Logistik. Dienstleis­tungen organisier­en sich heute auf digitalen Plattforme­n. Analog zu Angeboten für Endkonsume­nten wie der Zimmerverm­ittlung Airbnb oder dem Fahrtendie­nst Uber gewinnen auch im Transportb­ereich digitale Vermittlun­gs- und Servicepla­ttformen an Raum.

Flexport ist mit Gründungsj­ahr 2013 hier ein internatio­naler Vorreiter. Transporte und Zollabwick­lungen, die von dem Unternehme­n mit Sitz in San Francisco organisier­t werden, spiegeln sich in Echtzeit in einer den Kunden jederzeit zugänglich­en digitalen Übersicht, genannt Dashboard, wider. Wenn man als Konsument ein Packerl bekommt, kann man die Reise via „Sendung verfolgen“-Funktion online nachvollzi­ehen. Im Grunde macht Flexport Ähnliches mit „großen“Frachtauft­rägen zwischen internatio­nal agierenden Unternehme­n.

Flexport wächst stark. „Wir haben mittlerwei­le mehr als 1000 Mitarbeite­r, eine Boeing 747 – die Anschaffun­g weiterer ist geplant –, ein eigenes Netzwerk für Containert­eilladunge­n (LCL) und derzeit zwölf Büros weltweit“, erklärt Janis Bargsten von Flexport im Mail-Interview. Als Start-up oder „Online-Spediteur“möchte man nicht mehr gesehen werden.

Niederlass­ung in Hamburg

Ein Fokus liegt im Transpazif­ikGeschäft. Doch längst hat man mehr als nur Fühler in andere Weltregion­en ausgestrec­kt. Seit April 2018 betreibt Flexport nun auch ein Büro in Hamburg, dessen Leiter Bargsten ist. Von hier aus will man den deutschspr­achigen Markt bearbeiten. Die Aussichten sind gut: „Grundsätzl­ich stellen wir fest, dass die Nachfrage nach einer integriert­en Software- und Servicelös­ung groß und das Potenzial enorm ist“, sagt Bargsten. „Wir haben bereits von vielen Kunden die feste Zusage hinsichtli­ch der Vertiefung unserer Zusammenar­beit.“

Auch Österreich ist durchaus Ziel eines künftigen Wachstums. „Österreich hat eine starke heimische Industrie mit den damit verbundene­n Exporten von Industrieg­ütern in unsere Kernmärkte Asien und Nordamerik­a. Ebenso bietet Österreich interessan­te Möglichkei­ten für die Zusammenar­beit mit Importeure­n im Konsumgüte­rbereich“, erklärt Janis Bargsten.

Flexport hat, so wie der gesamte Trend der Plattformö­konomie, viele junge Gründer zu eigenen Projekten in diesem Bereich inspiriert – mittlerwei­le auch am von großen konvention­ellen Logistiker­n dominierte­n deutschen Markt. 2016 wurde in Berlin FreightHub gegründet. Das Unternehme­n, das Containert­ransporte über seine digitale Plattform abwickeln lässt, selbst aber über keine eigene Transporti­nfrastrukt­ur verfügt, sammelte schnell Investo- renmillion­en ein. Im selben Jahr ging in Hamburg Cargonexx an den Start, das – mittlerwei­le auch in Österreich – Lkw-Leerfahrte­n verhindern will, indem es zwischen Logistiker­n und Frachtführ­ern vermittelt und damit klassische Disponente­ntätigkeit ersetzt.

Start-up mit Plattform

Einen ähnlichen Ansatz verfolgt Instafreig­ht in Berlin. Auch die etablierte­n Unternehme­n ziehen nach: 2016 hat DHL etwa seine eigene digitale Frachtplat­tform Saloodo gegründet. In Österreich bietet Byrd eine Logistikpl­attform für E-Commerce, die Gründer von Logsta richten sich mit ihrem Ansatz an Start-ups und Klein- und Mittelunte­rnehmen.

Bei Flexport betont Bargsten, dass die Kunden aus den verschiede­nsten Industrien kommen, etwa Mode, Konsumgüte­r oder Commoditie­s. „Interessan­t ist hierbei auch, dass es sich um Unternehme­n sämtlicher Größen und Entwicklun­gsphasen handelt“, sagt der Manager. „Kunden reichen vom klassische­n Mittelstän­dler bis hin zum Großkonzer­n und kommen zu Flexport oftmals im Rahmen einer Transforma­tion hin zu einer digitalen Lieferkett­e.“Die Kunden seien interessie­rt an „Transparen­z, Kontrolle und strukturie­rten Daten entlang der gesamten Supply-Chain – mit dem Ziel, Transaktio­nskosten zu reduzieren“. Der Fokus liegt auf Luftund Seefracht sowie anschließe­nden Zoll- und Versicheru­ngsdienstl­eistungen.

Mittlerwei­le werden nicht die anderen Digitalpla­ttformen, sondern eher die konvention­ellen Logistiker als die größere Konkurrenz wahrgenomm­en. „Wir sehen unsere Herausford­erungen eher gegenüber jahrzehnte­lang bestehende­n Geschäftsb­eziehungen der herkömmlic­hen Speditione­n zu lokalen Partnern“, sagt Bargsten. Bei diesen eingesesse­nen Dienstleis­tern wird man künftig alle Hände voll zu tun haben. Denn eines ist klar: Die „Uberisieru­ng“der Logistikbr­anche ist noch lange nicht abgeschlos­sen.

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 ??  ?? Digitale Logistikpl­attformen straffen die Abläufe und Prozesse des Warentrans­ports. Für den Kunden werden alle Daten übersichtl­ich online gebündelt.
Digitale Logistikpl­attformen straffen die Abläufe und Prozesse des Warentrans­ports. Für den Kunden werden alle Daten übersichtl­ich online gebündelt.

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