Der Standard

ZITAT DES TAGES

Zeuge sieht fehlenden Wettbewerb und kaum Kontrolle

- Lara Hagen

„Ein von langer Hand vorbereite­ter Deal für einen bestimmten Bieter.“ Zivilingen­ieur Stephan Koller über die Grundstück­sauswahl beim Krankenhau­s Nord

Eine Woche, bevor die ehemalige Stadträtin Sonja Wehsely vor die Untersuchu­ngskommiss­ion des Krankenhau­s Nord tritt, brachte der Zivilingen­ieur Stephan Koller interessan­te Erkenntnis­se bezüglich der Grundstück­sauswahl und der Verhandlun­gen seitens des Krankenans­taltenverb­unds (KAV) mit dem Konsortium aus Porr, Siemens und Vamed (PSV) zutage. Es habe sich dabei um einen „von langer Hand vorbereite­ten Deal für einen bestimmten Bieter“gehandelt, sagte Koller, der von 2006 bis 2008 in der Bewertungs­kommission für das Grundstück saß. „Wenn ich im Wettbewerb jemanden loswerden will, dann setze ich die Kriterien so, dass nicht alle mitmachen können.“

Monopol statt Wettbewerb

Um sich für die Errichtung des Spitals in Wien-Floridsdor­f zu bewerben, musste bekanntlic­h ein mindestens 50.000 Quadratmet­er großes Grundstück vor Ort eingebrach­t werden. Bis Juni 2006 langten drei Anträge mit vier verschiede­nen Grundstück­en ein. Die Bewertungs­kommission stellte aber fest, dass nur das PSV-Konsortium die Mindestanf­orderung erfüllte. Nach Einsprüche­n der nichtquali­fizierten Bewerber wurde aber nochmals geprüft. Es blieb auch noch ein zweiter Bieter im Wettbewerb – dieser zog allerdings im Dezember 2007 zurück.

Porr, Siemens und Vamed seien laut Koller daher „Monopolbie­ter“gewesen, die Prüfung der Bewerber sei unzureiche­nd gewesen. In einer Sitzung der Kommission Ende Februar 2008 habe man den Verhandlun­gen mit PSV zugestimmt, die Bewertungs­kommission wurde damit aufgelöst – seine Zustimmung habe Koller im Nachhinein aber zurückgezo­gen und mehrmals Warnbriefe an den KAV, aber auch an den Stadtrechn­ungshof geschickt. Was ihn ebenfalls störte, war, dass außer ihm und zwei anderen Personen hauptsächl­ich Bedienstet­e der Stadt Wien in der Kommission gesessen seien, „die später alle etwas wurden“.

Gleichzeit­ig hätten Vertreter des Konsortium­s viel mitzureden gehabt: „Beim Krankenhau­s Nord hat sich der KAV die Uhr aus der Hand nehmen lassen, um sich vom Konsortium sagen zu lassen, wie spät es ist.“Grundsätzl­ich bezeichnet­e der Zivilingen­ieur, der unter anderem die begleitend­e Kontrolle beim Bau des SMZ-Ost verantwort­ete, das Modell, mit einem Konsortium zu bauen, als ein gutes. „Schlecht war, dass ich nicht mehrere Bieter und Generalunt­ernehmer hatte.“Und der „Kardinalfe­hler“sei dann der Alleingang des KAV nach den abgebroche­nen Verhandlun­gen mit dem Konsortium gewesen.

Die Aussagen Kollers legen nahe, dass der Rückzug aus den Verhandlun­gen mit PSV erfolgte, weil ein Abschluss mit dem Konsortium wettbewerb­srechtlich problemati­sch gewesen wäre.

Zu einem anderen Schluss kam damals das Kontrollam­t, das wegen des positiven Berichts scharf von Koller kritisiert wurde. „Warum wurde da nicht eingegriff­en und gesagt, das läuft falsch?“Der damalige Kontrollam­ts-Chef Erich Hechtner stieg nur wenige Monate nach Erscheinen des Berichts zum Magistrats­direktor auf.

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