Stadt Wien prüft Vorwürfe gegen Spital nach Todesfall
Ein Mann wurde vor einem Wiener Spital bewusstlos aufgefunden. Dem Ersuchen im Spital um Nothilfe sei laut einer Passantin aber zu spät nachgegangen worden. Der Mann starb, die Stadt lässt den Vorfall untersuchen.
Das Krankenhaus Göttlicher Heiland in Wien-Hernals, das zur Vinzenz-Gruppe gehört, sieht sich mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Eine Passantin entdeckte am Freitagabend einen bewusstlosen Mann in seinem Auto. Sie schlug in dem Krankenhaus, das sich in unmittelbarer Nähe befand, Alarm.
Die Passantin berichtete auf Facebook, dass sie zuerst mit dem im Spital tätigen Portier habe diskutieren müssen, bevor Hilfe geholt worden sei. Sie sei zunächst dazu aufgefordert worden, die Rettung über den Notruf 144 zu rufen. Erst nach nochmaliger Kontaktaufnahme mit dem Krankenhaus seien wenig später zwei Mediziner mitgekommen und hätten gleich mit der Reanimation begonnen. Der Mann wurde schließlich ins einige Autominuten entfernte Wilhelminenspital geliefert, wo er verstorben ist.
Die Empörung der Passantin könne sie „absolut verstehen“, sagt die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz zum Δtandard. „Man darf erwarten, dass einem von einem Krankenhaus in so einer Situation die Verantwortung abge- nommen wird.“In einer Stellungnahme rechtfertigt sich das Krankenhaus: Es sei nachvollziehbar, dass das Ereignis viele beschäftige und Diskussionen auslöse. Der Arzt, der in dem Fall verständigt wurde, habe aber „sofort entschieden, gemeinsam mit einer Kollegin das Haus zu verlassen, um medizinische Hilfe zu leisten“.
Innerhalb kurzer Zeit hätten er und eine Kollegin den Patienten aus dem Auto geborgen und Erste Hilfe geleistet. Die Mitarbeiter hätten nach rund fünf Minuten eine ärztliche Erstversorgung durchgeführt. Ein schnellerer Einsatz sei nicht möglich gewesen.
„Keine leichte Entscheidung“
Das Krankenhaus verweist dennoch darauf, dass es „keine leichte Entscheidung“gewesen sei, dass Ärzte in dieser Situation das Spital verlassen. Diese seien für die Versorgung der Patienten im Krankenhaus zuständig und dürften das Spital nach den Bestimmungen des Wiener Krankenanstaltengesetzes nicht verlassen, um Patienten nicht zu gefährden.
In so einem Fall müsse man eine Abwägung treffen, sagt Patienten- anwältin Pilz in Hinblick auf etwaige arbeitsrechtliche Vorschriften: „Der Arzt ist ja nicht nach Tirol gefahren, um jemandem zu helfen.“
Dass ein Arzt für das Leisten von Erster Hilfe das Gebäude verlassen darf, bestätigt auch Thomas Holzgruber, Jurist der Ärztekammer. Er rät den Spitälern, das Personal und die Portiers für solche Situationen zu schulen und ihnen richtige Verhaltensweisen zu erklären. Eine „doppelte Vorgangsweise“sei in so einem Fall wohl angemessen: die Rettung zu verständigen und parallel dazu einen Arzt zu holen, der gerade keinen anderen Patienten betreuen muss.
Der Portier hätte sofort den diensthabenden Arzt verständigt, der schließlich das Spital auch verlassen habe, schrieb das Krankenhaus in einer Stellungnahme. Außerdem wird darauf verwiesen, dass das Krankenhaus Göttlicher Heiland keine Notfallaufnahme habe und es „klare Vorgaben“gebe, wie die Rettung in der Rettungskette handeln müsse. Der Mann erlitt einen Herzinfarkt. Trotz allem wolle man den Vorfall „genau analysieren und evaluieren“.
In einer weiteren Stellungnahme wurde darauf verwiesen, dass Patienten mit akutem Herzinfarkt in jene Wiener Spitäler transportiert würden, „die über spezielle Geräte für akute Herzinterventionen verfügen“. Eine derartige Einrichtung werde im Göttlichen Heiland „ab dem kommenden Jahr zur Verfügung stehen“.
Vorfall genau untersuchen
Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hat in dem aktuellen Fall einen Prüfauftrag an die zuständige Magistratsabteilung 40 erteilt, sagte ein Sprecher Hackers zum „Sie machen sich so rasch als möglich an die Arbeit.“Der Vorfall soll genau untersucht werden. Das Krankenanstaltengesetz verbiete Ärzten jedenfalls nicht ausdrücklich, das Spital zu verlassen.