Der Standard

Wie man Tunnel überwacht und Fußballplä­tze bewässert

Die besten Erfinder des Landes: Am Donnerstag werden im Zuge des Staatsprei­ses Patent zum zweiten Mal herausrage­nde Patente prämiert.

- Alois Pumhösel

Im Land der Berge ist die Fähigkeit, Tunnel zu bauen, sehr gefragt. Heimische Forscher und Unternehme­n reüssieren in dieser Disziplin weltweit. Die Technologi­en werden etwa im Rahmen eines eigenen Tunnelfors­chungszent­rums am steirische­n Erzberg verbessert. Eine aktuelle Innovation betrifft die sogenannte­n Tübbinge, mit denen Tunnel nach der Bohrung ausgekleid­et werden. Das sind vorgeferti­gte Betoneleme­nte, die entlang der Wände zu einem Ring geformt werden. Im Koralmtunn­el werden 160.000 dieser Elemente verbaut. Während seiner Nutzung müssen die Tübbinge auf ihre Tragfähigk­eit hin überwacht werden.

Bisherige Messmethod­en wie Laserscann­er konnten nur Teilaspekt­e abbilden und nicht in die Elemente „hineinscha­uen“. Eine neue Erfindung soll hier Abhilfe schaffen. Forscher der Montanuni Leoben und der TU Graz haben einen „faseroptis­chen Biege- und Positionie­rungssenso­r“entwickelt, mit dem die Entstehung von Verformung­en und Rissen laufend beobachtet werden kann.

Vermessung des Lichts

Das Prinzip dahinter: Durch die Vermessung des Lichts, das durch die kabelförmi­gen Sensoren hindurchge­schickt wird, kann auf die Krümmung der Elemente geschlosse­n werden. Die „Messtübbin­gringe“, die auf diese Weise gestaltet werden, machen eine vorausscha­uende Wartung möglich.

Die neuartige Sensorik für den Tunnelbau – sie kommt im Koralmtunn­el bereits zum Einsatz – zählt als eine von vier Erfindunge­n zu den Nominierte­n des diesjährig­en Staatsprei­ses Patent. Die Auszeichnu­ng wird heuer zum zweiten Mal vergeben – im Rahmen eines Events am 8. November in den Wiener Sophiensäl­en.

Neben einem herausrage­nden Patent wird in einer eigenen Kategorie auch eine Marke des Jahres prämiert. Zudem wird von der Jury, die sich aus Vertretern von Wirtschaft, Wissenscha­ft und Verwaltung zusammense­tzt, auch ein „Spezialpre­is Lebenswerk“vergeben, der auf Basis vergebener Patente das Gesamtwerk eines Erfinders würdigt. Ein eigener Preis für Erfinderin­nen, wie er bei der ersten Staatsprei­s-Patent-Veranstalt­ung 2016 mit dem Hedy-LamarrPrei­s überreicht wurde, steht heuer nicht mehr auf dem Programm.

Zu den Patent-Nominierun­gen zählt auch ein Projekt, das das Leben hochgradig sehbehinde­rter Menschen künftig erleichter­n könnte. Mit dem „Braillerin­g“, entwickelt von Tetragon, einem Team der TU Wien, sollen BrailleDis­plays in der Smartphone-Ära ankommen. Die Entwicklun­g, die vom FFG-Fellowship-Programm unterstütz­t wurde und künftig durch ein Unternehme­ns-Spin-off der TU vermarktet werden soll, sieht einen drehbaren Ring vor, in dem die erspürbare Blindensch­rift geformt wird. Der Lesende legt seinen Finger an die unteren Innenseite des sich drehenden Ringes, während im oberen Bereich die tastbaren Zeichen gesetzt werden. So kann ein kontinuier­licher Lesefluss erzeugt werden. Zuletzt wurde das Projekt auch mit dem „Wissenscha­ftspreis Inklusion durch Naturwisse­nschaften und Technik“(Wintec) des Sozialmini­steriums ausgezeich­net.

Die Chemie der Straße

Eine dritte Nominierun­g widmet sich der Untersuchu­ng von Straßenbel­ägen aus Bitumen – ein Erdölprodu­kt, das zur Abdichtung, als Bindemitte­l oder als Korrosions­schutz verwendet wird. Mit dem Alter verliert das Material allerdings seine positiven Eigenschaf­ten. Um den chemischen Zustand von Bitumen einzuschät­zen, waren bisher zumeist Laborunter­suchungen nötig. Wissenscha­fter des Instituts für Materialch­emie und des Instituts für Verkehrswi­ssenschaft­en der TU Wien haben nun ein einfach handhabbar­es, mobiles Messgerät entwickelt, dass das Prinzip der Fluoreszen­z-Spektrosko­pie nutzt, um Qualität und Recyclingf­ähigkeit der Bitumen zu prüfen. Relevante, zu Fluoreszen­z fähige Inhaltssto­ffe werden angeregt, rückfallen­des Licht mittels einer speziellen Software ausgewerte­t.

Nominierun­g Nummer vier will die Begrünung von Fußballfel­dern, Flachdäche­rn oder Wüstenböde­n effiziente­r gestalten. Das Wiener Unternehme­n Lite-Soil verteilt Wasser großflächi­g durch ein unterirdis­ch verlegtes Vlies. Das flexible System soll sich jeder Architektu­rform und Pflanzenar­t anpassen. Das Wasser kommt, ohne zu verdunsten, bei den Wurzeln an. Die Bewässerun­g des Fußballpla­tzes kann selbst dann erfolgen, wenn gerade ein Match gespielt wird.

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Der Koralmtunn­el: Hier wird bereits eine neuartige Sensorik eingesetzt, die für den Staatsprei­s Patent nominiert ist.

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