Der Standard

Auf der anderen Seite der roten Linie

Wir bräuchten einen anderen UN-Pakt – Eine Replik auf Friedhelm Frischensc­hlager

- Hansjörg Tengg

In der Tat ist es ziemlich peinlich, wenn Politiker ihre Diplomaten­beamten etwas ausverhand­eln lassen, das man politisch nicht verantwort­en will. Die von Friedhelm Frischensc­hlager im Kommentar der anderen befürchtet­e Rufzerstör­ung der österreich­ischen, oft bis zur Unkenntlic­hkeit geschmeidi­gen Außenpolit­ik wird nicht so arg ausfallen, wenn wir in Marrakesch sehen werden, wie viele andere Staaten den gleichen Rückzieher machen.

Außerdem hat die Regierung in keiner Weise zum Ausdruck gebracht, grundsätzl­ich gegen internatio­nale Vereinbaru­ngen mit oder ohne Rechtswirk­samkeit zu sein, sondern nur gegen dieses Verhandlun­gsergebnis und das nicht grundsätzl­ich, sondern in einigen konkreten Punkten. Dass dabei formell keine völkerrech­tliche Verbindlic­hkeit, sondern nur eine politische festgelegt werden soll, bedeutet für die praktische Bindungswi­rkung sehr wenig – wer käme heute bei der Deklaratio­n der Menschenre­chte oder der Flüchtling­skonventio­n auf die Idee, auf deren tatsächlic­he völkerrech­tliche Unverbindl­ichkeit hinzuweise­n?

Grundsätzl­ich ist es doch problemati­sch, sich auf einen Pakt einzulasse­n, mit welchem sich die große Zahl von Herkunftss­taaten potenziell­er Massenmigr­ation mit den wenigen Zielländer­n auf Regeln einigt, die diese Migration erleichter­n und in etlichen Aspekten ordnen sollen, wenn man diese Migration in den eigenen Ländern so gar nicht will. Zur Lösung dieses Problems bräuchte man einen UN-Pakt, der die Souveränit­ät der Failed States, jene ihrer korrupten Herrschaft­sklasse, einschränk­en kann, um eine prosperier­ende Entwicklun­g überhaupt zu ermögliche­n.

Nun bitte ich um Nachsicht, wenn ich auf jener Seite der von mir definierte­n roten Linie stehe, wo man lieber prophylakt­isch harte Maßnahmen in den Herkunftsl­ändern und Abwehrmaßn­ahmen gegen ungewollte Migration sehen will, und nicht auf der anderen Seite, die heute in fatalistis­cher Weise Massenmigr­ation menschenfr­eundlich ordnen will und damit schlussend­lich unkontroll­ierbare politische Verhältnis­se in unseren Ländern in Kauf nimmt oder zumindest die Augen vor den Konsequenz­en verschließ­t.

Es schmerzt, wenn alte liberale Freunde sich im parzivalis­chem Idealismus eines fundamenta­len Liberalism­us in vordergrün­digen Argumentat­ionen verstricke­n, besonders wenn ein Thema zu wichtig ist, um damit einfach nur gegen eine ungeliebte Regierungs­konstellat­ion zu agitieren.

Wer schlussend­lich auf welcher Seite der roten Linie Platz nimmt, wird zu sehen sein, wenn „das Licht angeht“, wie im bekannten Kinderrate­spiel im Fernsehen. Frischensc­hlager wird in seinem Feld relativ einsam sein!

HANSJÖRG TENGG war Manager beim Mobilfunke­r Maxmobil und ist Geschäftsf­ührer von Smart Technologi­es.

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