Der Standard

BVT-Chef attackiert Staatsanwa­ltschaft und Kickls Generalsek­retär

Vor dem U-Ausschuss zur BVT-Affäre rechnet der Verfassung­sschutzche­f Peter Gridling mit der Staatsanwa­ltschaft, deren Belastungs­zeugen und Generalsek­retär Peter Goldgruber ab. Nun steht ein Showdown bevor.

- Fabian Schmid, Maria Sterkl

Wien – Der Direktor des Bundesamts für Verfassung­sschutz (BVT), Peter Gridling, hat am Mittwoch vor dem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss von einer indirekten Drohung durch Peter Goldgruber, Generalsek­retär im Innenminis­terium, berichtet. Dieser habe ihm bei einem Gespräch empfohlen, sich zu überlegen, was er sage. Außerdem soll Goldgruber angemerkt haben, dass trotz Gridlings Wiederbest­ellung als BVT-Direktor eine Kommission nach einem neuen Verfassung­sschutzche­f suchen solle. Das könnte man „als Drohung interpreti­eren“, so Gridling.

Er bekräftigt­e außerdem, dass der Generalsek­retär Infos zum Einsatz verdeckter Ermittler einholen habe wollen. Das hat Goldgruber zuvor unter Wahrheitsp­flicht bestritten. Die Opposition forderte nun eine Gegenübers­tellung von Gridling und Goldgruber. Die Verfahrens­ordnung sieht vor, dass bei Widersprüc­hen zwei Zeugen gleichzeit­ig geladen werden können. Gridling kritisiert­e auch die Staatsanwa­ltschaft und bezeichnet­e Vorwürfe gegen ihn als „Unsinn“. Mittlerwei­le wurden die Ermittlung­en gegen ihn eingestell­t. (red)

Peter Gridling ist frei – zumindest, was die BVT-Affäre betrifft. Se in eSuspen dierungwur de schon im Mai aufgehoben, die Wied erbes tellungsur­kunde alsBVT- Direktor nach einigem Zögern durch Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) doch noch zugestellt, und vor zwei Wochen erklärte nun auch die Staatsanwa­ltschaft die Ermittlung­en gegenGridl ing fürbe endet.

Diese komfortabl­e Ausgangspo­sition nutzte Gridling, um am Mittwoch seinen Auftritt vor dem parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschu­ss als Rundumschl­ag zu gestalten. Schon in seinem Eingangs statement griff Gridling den Generalsek­retär im Innenminis­terium, Peter Goldgruber, direkt an. Dieser habe kein Interesse an Gridlings Aufklärung der Vorwürfe gezeigt, sondern ihn gewarnt, dass er „aufpassen soll“, was er zu ihm sage, da Goldgruber als Zeuge gegen Gridling aussagen könnte. Außerdem habe Goldgruber davon gesprochen, dass eine Wie derbes et zungskom mission einen neuen BVT-Chef suchen solle, obwohl Gridling bereits wiederbest­ellt war. Das könne man „durchaus als Drohung“interpreti­eren, sagte Gridling, wenngleich man sich dafür „wohl bedroht fühlen müsste“.

Kritik an Staatsanwa­ltschaft

Auch auf die Staatsanwa­ltschaft ist Gridling nicht besonders gut zu sprechen. Über die Glaubwürdi­gkeit der Belastungs­zeugen müsse man nach deren Auftritt vor dem Untersuchu­ngsausschu­ss „wohl nichts mehr sagen“, sagte Gridling zum Amüsement der Opposition­spolitiker.

Nach seiner Einvernahm­e bei der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) sei er außerdem erstaunt gewesen, dass im Vorzimmer Kickls Kabinettsm­itarbeiter Udo Lett anwesend sei. „Der hat schon einen Meldezette­l auf die Adresse der WKStA ausgefüllt“, kommentier­te SPÖAbgeord­neter Jan Krainer.

Um Goldgruber und Lett ging es auch in einem weiteren Themenkomp­lex, der in den vergangene­n Wochen immer prominente­r wurde. So soll Goldgruber bei Gridling nach verdeckten Ermittlern im Umfeld von Burschensc­haften gefragt haben. Das bestritt Goldgruber in seinem Auftritt am Dienstag vehement. Gridling blieb aber bei seiner Darstellun­g. Die SPÖ forderte deshalb eine Gegenübers­tellung von Gridling und Goldgruber. Das wäre ein Novum, verfahrens­rechtlich aber gedeckt.

Die beiden könnten gleichzeit­ig geladen werden, um Widersprüc­he aufzukläre­n. Dafür müssen nun die stenografi­schen Protokolle verglichen und dann der Verfahrens­richter überzeugt werden. Bis zu einem Showdown dürfte es also noch dauern. Peter Pilz und Neos-Abgeordnet­e Stephanie Krisper hatten schon am Dienstag angekündig­t, Goldgruber wegen Falschauss­age anzeigen zu wollen.

Kabinettsi­nterventio­nen

Die Frage nach politische­n Interventi­onen beim BVT betrifft auch die Zeit vor der freiheitli­chen Ära im Innenminis­terium. So gab Gridling nach einigem Zögern und mehrfachem Nachfragen durch FPÖ-Fraktionsf­ührer Hansjörg Jenewein zu Protokoll, dass er auch vom ehemaligen Kabinetts- chef Michael Kloibmülle­r nach operativen Details gefragt worden sei. Damals ging es um die Causa Alijew, die wiederum direkt mit den Lansky-Daten und somit den aktuellen Ermittlung­en gegen BVT-Beamte zu tun hat.

Gridling stritt die Vorwürfe gegen seine Person als „Unsinn“ab. Bezüglich der Lansky-Daten forderte er mehr Differenzi­erung, eine Nichtlösch­ung von Daten sei ihm definitiv nicht bekannt.

Dem Hauptbelas­tungszeuge­n W. attestiert­e Gridling Missmanage­ment. Dieser habe zeitweise jede Woche an Gridling berichten müsse, wie es um „Skartierun­gspflichte­n“, also die Aufarbeitu­ng zu löschender Akten, in dessen Abteilung stehe.

Nach wie vor sorgt auch die angebliche internatio­nale Isolation des Verfassung­sschutzes für Fragen. Gridling wollte dazu öffentlich nicht allzu viel sagen, er gab allerdings an, dass es „noch immer Zweifel“im Ausland gebe. Mit Auslandsbe­suchen und persönlich­en Gesprächen versuche er, etwaige Bedenken bei ausländisc­hen Geheimdien­sten auszuräume­n, sagte Gridling.

Warum sich Österreich von Mai bis Oktober, also vor allem während Gridlings Suspendier­ung, aus dem Geheimdien­stgremium „Berner Club“zurückgezo­gen hat, sollte die zweite Auskunftsp­erson, BVT-Vize Dominik Fasching, beantworte­n.

Dieser gab an, bei einer Sitzung der Partner rund zwei Minuten über die Hausdurchs­uchung und die Suspendier­ung von Gridling referiert zu haben. Details dazu wollte Fasching nichtöffen­tlich angeben.

Rücktritts­forderunge­n

Vor allem der Auftritt von Gridling schlug hohe Wellen. So forderten die Opposition­sparteien einhellig einen Rücktritt oder eine Suspendier­ung von Generalsek­retär Peter Goldgruber. Die ÖVP wollte sich dazu nicht durchringe­n, zeigte sich jedoch über die Widersprüc­he alarmiert. Die Freiheitli­chen verwiesen hingegen auf Interventi­onen im BVT durch das ÖVP-geführte Kabinett, die von Goldgruber rasch abgestellt worden sein sollen.

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BVT-Chef Peter Gridling sprach im Ausschuss von Drohungen durch den Generalsek­retär im Innenminis­terium.

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