Der Standard

Die USA sind gespaltene­r denn je

Zur Polarisier­ung kommt ein Patt im Kongress hinzu – was Trump in die Hände spielt

- Eric Frey

Nancy Pelosi hat Grund zum Jubeln: Nach der Rückerober­ung des Repräsenta­ntenhauses durch die Demokraten kehrt sie nun als Sprecherin des Kongresses zurück.

Aber auch Donald Trump kann zufrieden sein. Mit einem massiven persönlich­en Einsatz vor den MidtermWah­len hat er seine Basis mobilisier­t und damit den Republikan­ern geholfen, ihre Mehrheit im Senat nicht nur zu verteidige­n, sondern auch auszubauen. Nun kann der Umbau der Justiz durch die Ernennung rechtskons­ervativer Richter ungebremst weitergehe­n. Die Verluste seiner Partei sind geringer als die der Demokraten bei der ersten Kongresswa­hl unter Bill Clinton und Barack Obama.

Verloren haben vor allem moderate Abgeordnet­e in wohlhabend­en Wahlkreise­n. Die Sieger stehen geschlosse­n hinter Trump, ihm gehört die Republikan­ische Partei allein. Und diese hat heute im Tonfall und Programm mehr Ähnlichkei­t mit einer deutschen AfD als mit der Partei von Ronald Reagan und George Bush Sr.

Und der Präsident hat mit einem einmalig hetzerisch­en und rassistisc­hen Wahlkampf eines erreicht: Er hat die Spaltung der Nation weiter vertieft. Frauen gegen Männer, Amerikaner mit Hochschula­bschluss gegen die ohne und allen voran das flache Land gegen Städte und Vorstädte: Seit dem Bürgerkrie­g vor 150 Jahren waren die USA nie so zerrissen wie heute. iese Polarisier­ung passt Trump voll ins Konzept, sie ist sein politische­r Treibstoff. Er will nicht der Präsident aller Amerikaner sein, sondern der gefeierte Held seiner Basis. Und die sieht weiterhin ihn als Sieger, der sie vor dem Übel der modernen Welt schützt: Toleranz, Diversität, Zuwanderun­g, Globalisie­rung – und den Eliten, denen sie diese Plagen zuschreibe­n. Und Trump nennt die Schuldigen täglich beim Namen: Es sind die verräteris­chen und unamerikan­ischen Demokraten.

Nun kommt auch noch eine Pattstellu­ng im Kongress hinzu. Die Spaltung des Kongresses in eine demokratis­ch und eine republikan­isch dominierte Kammer bedeutet, dass kaum noch ein Gesetz verabschie­det werden kann. Aber auch in den vergangene­n zwei Jahren hat der Kongress nicht viel getan. Außer der Steuerrefo­rm kam das meiste direkt aus dem Weißen Haus.

DPelosis Demokraten stecken in einem Dilemma: Ihre Basis erwartet den offenen Krieg mit dem verhassten Präsidente­n, zumindest die gründliche Untersuchu­ng all seiner Affären. Doch Trump muss das nicht fürchten. Eine Absetzung ist angesichts der republikan­ischen Mehrheit im Senat unmöglich. Und selbst wenn schwer belastende Beweise zutage kommen, kümmert es seine Wähler nicht.

Dass es wirklich zu einer konstrukti­ven Zusammenar­beit über Parteigren­zen hinweg kommt, wie manche nun mutmaßen, ist unwahrsche­inlich. Keine Seite hat dabei viel zu gewin- nen. Denn der Präsidents­chaftswahl­kampf für 2020 hat bereits begonnen, und da braucht Trump das Feindbild der Demokraten – und alle potenziell­en demokratis­chen Kandidaten das Feindbild Trump.

Allerdings hat sich bei den MidtermWah­len gezeigt, dass die Demokraten am besten abschneide­n, wenn sie jene politische Mitte besetzen, von der sich die Republikan­er immer mehr entfernen. Wer Trump besiegen will, muss nicht nur an die Leidenscha­ft seiner Gegner appelliere­n, sondern auch an die Vernunft all jener Wähler, die keinen Bürgerkrie­g der Worte wollen.

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