Der Standard

Israel ehrt Austro-Diplomat

Posthume Anerkennun­g für Johannes Schwarzenb­erg

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Buenos Aires / Jerusalem – Die Bundesregi­erung in Wien bemüht sich derzeit besonders um jüdische Opfer des Nationalso­zialismus und ihre Nachfahren. Unabhängig davon erhält jetzt Johannes Erkinger von Schwarzenb­erg (1903–1978), ein österreich­ischer Aristokrat und Diplomat, posthum von der israelisch­en Regierung und verschiede­nen jüdischen Organisati­onen eine Reihe bedeutende­r Ehrungen für seinen Einsatz für jüdische Opfer während des Zweiten Weltkriege­s. Eine fand am Donnerstag in Buenos Aires statt, die Dokumente und Medaillen wurden an Christoph Meran, Enkel von Schwarzenb­erg und österreich­ischer Botschafte­r in Argentinie­n, überreicht.

Schwarzenb­erg, Mitglied des weitverzwe­igten böhmischen Adelsgesch­lechts, war Diplomat in der Ersten Republik. 1938 war er Legationss­ekretär an der österreich­ischen Botschaft in Berlin. Er war zuständig für die Expatriier­ung von Angehörige­n der „Österreich­ischen Legion“, Austro-Nazis, die „ins Reich“geflüchtet waren. Beim „Anschluss“1938 konnte Schwarzenb­erg mit knapper Not aus Berlin nach Brüssel und Paris flüchten, schließlic­h nach Genf.

Dort baute er als Direktor des Internatio­nalen Roten Kreuzes eine Lebensmitt­elaktion für zigtausend­e großteils jüdische Häftlinge in deutschen Konzentrat­ionslagern auf. Mithilfe eines ausgeklüge­lten Systems wurde halbwegs sichergest­ellt, dass die Pakete auch ankamen. Gegen Ende des Krieges konnten zudem rund 30.000 ungarische Ghettobewo­hner in Budapest in letzter Minute außer Landes gebracht werden – und zwar mit als Reisepässe­n getarnten einfachen Reiseschei­nen des Komitees vom Roten Kreuz. Privat gründete Schwarzenb­erg in der Schweiz eine Hilfsaktio­n für exilierte Österreich­er.

Für all das wird Schwarzenb­erg nun mehrfach geehrt. Die israelisch­e Regierung ehrt ihn durch den Botschafte­r in Argentinie­n und in Form einer Briefmarke mit seinem Porträt. Außerdem überreicht­e der argentinis­che Staatssekr­etär für Menschenre­chte die Goldmedail­le der Albert-Schweitzer-Stiftung, und der Präsident des Lateinamer­ikanischen Jüdischen Kongresses überreicht­e die Briefmarke selbst. Schließlic­h übergab der Vizepräsid­ent der Dachorgani­sation der israelitis­chen Gemeinden Argentinie­ns (rund 150 jüdische Organisati­onen) ein spezielles Schofar (Widderhorn) und die Präsidenti­n der argentinis­chen Tesa-Stiftung, die sich sehr um die Ehrung verdient gemacht hatte, eine Medaille.

Im Gedenken an Pogrom

Diese umfangreic­hen Ehrungen (aus Anlass des 80. Jahrestage­s des Novemberpo­groms 1938) werden möglicherw­eise durch eine Anerkennun­g der israelisch­en YadVashem-Stiftung gekrönt. Das Verfahren läuft.

Schwarzenb­erg, der nach dem Krieg österreich­ischer Botschafte­r in Rom und London war, starb bei einem Autounfall. In seiner Brieftasch­e wurde ein zerknitter­tes Foto von einem Leichenhau­fen aus dem KZ Mauthausen gefunden, das er offenbar immer bei sich getragen hatte. (rau)

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F.: Böhlau/Meran Johannes E. Schwarzenb­erg im Schweizer Exil 1942.

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