Der Standard

Im BVT- Skandal geht es nun um Burschensc­haften

Hat Generalsek­retär Peter Goldgruber nach verdeckten Ermittlern im Umfeld von Burschensc­haften gefragt oder nicht? Diese Frage nimmt im U-Ausschuss gerade eine zentrale Rolle ein. Hintergrun­d ist eine Theorie, für die es nur Indizien gibt.

- Fabian Schmid

Die Nachricht schlug ein wie eine Bombe: Am 23. Jänner, fünf Tage vor der niederöste­rreichisch­en Landtagswa­hl, berichtete der Falter über ein antisemiti­sches Liederbuch bei der Burschensc­haft Germania zu Wiener Neustadt. In deren Vorstand saß der freiheitli­che Spitzenkan­didat Udo Landbauer, der als Zukunftsho­ffnung der FPÖ galt. Denn laut Umfragen hätte er die absolute Mehrheit der ÖVP in Niederöste­rreich brechen und bis zu zwanzig Prozent erreichen können. Die Liederbuch­affäre dürfte dazu beigetrage­n haben, dass sich dieser Traum nicht realisiert hat. Die FPÖ kam auf 14,76 Prozent, Landbauer zog sich am 1. Februar vorerst aus der Politik zurück.

Das sind die Fakten. Nun folgt die Verschwöru­ngstheorie: In der FPÖ soll man stinksauer gewesen sein und vermutet haben, dass das Bundesamt für Verfassung­sschutz (BVT) das Liederbuch an die Medien gespielt hat.

Das „schwarze Netzwerk“, also ÖVP-nahe Kreise, soll der ExInnenmin­isterin Johanna MiklLeitne­r (ÖVP) so zum Wahlsieg in Niederöste­rreich verholfen haben. Die FPÖ will angeblich rasch herausfind­en, was das BVT noch über Burschensc­haften weiß, und im Notfall weiteren Enthüllung­en zuvorkomme­n. Als eine offizielle Anfrage des Generalsek­retärs im Innenminis­terium dem BVT nur wenige Infos entlocken kann, greift man auf Vorwürfe gegen Mitarbeite­r zurück, um Druck auf die Justiz auszuüben und eine Razzia zu erwirken, bei der dann eine FPÖ-nahe Polizeiein­heit unkontroll­ierten Zugriff auf geheime Dokumente hat.

Aussage gegen Aussage

Für diese Verschwöru­ngstheorie gibt es auch nach sechs Monaten U-Ausschuss keine handfesten Beweise – aber nur wenn man diese Gerüchte kennt, kann man die Ereignisse im BVT-Untersuchu­ngsausschu­ss einschätze­n. So versuchen die Opposition­sparteien momentan, mit aller Kraft zu enthüllen, dass Innenminis­teriumsgen­eralsekret­är Peter Goldgruber bei BVT-Chef Peter Gridling brisante Informatio­nen über Ermittlung­en im Burschensc­hafterumfe­ld einholen wollte.

Fakt ist, dass sich Goldgruber kurz nach der Liederbuch­affäre und kurz vor der Razzia bei Gridling über Burschensc­haften erkundigte. Das erfolgte laut Innenminis­terium als Vorbereitu­ng auf den Nationalen Sicherheit­srat zu Burschensc­haften, der von der SPÖ Ende Jänner einberufen worden war. Widersprüc­hlich ist jedoch, was Goldgruber erfahren wollte. Der Generalsek­retär bestritt am Dienstag, Gridling gefragt zu haben, wo verdeckte Ermittler eingesetzt werden.

Der BVT-Chef bekräftigt­e seine Version am Mittwoch und fügte sogar hinzu, dass Goldgruber nach der Identität der V-Leute fragte.

Nun steht es Aussage gegen Aussage. Die Opposition­sparteien wollen deshalb auf ein Novum bei Untersuchu­ngsausschü­ssen zurückgrei­fen und beide Zeugen gleichzeit­ig laden. Dieser Showdown dürfte erst 2019 stattfinde­n, zuvor müssen Protokolle kontrollie­rt und der Verfahrens­richter überzeugt werden.

Weitere Indizien gab es im U-Ausschuss auch dafür, dass die Extremismu­sreferatsl­eiterin Sibylle G. aus ihrem Job gedrängt werden sollte. G. bestritt übrigens vehement, das Liederbuch an Medien weitergege­ben zu haben.

Laut einer schriftlic­h festgehalt­enen Befragung der Generaldir­ektorin für Öffentlich­e Sicherheit, Michaela Kardeis, schlug Goldgruber in Bezug auf G. eine Pensionier­ung oder die Versetzung in die Sportabtei­lung vor.

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Foto: APA / Georg Hochmuth Soll nach V-Leuten gefragt worden sein: Peter Gridling.

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