Der Standard

In St. Pölten bleiben Förderunge­n Geheimsach­e

Eine Einrichtun­g erhält 400.000 Euro vom Land – und bleibt anonym. Auch 2018 schweigt man in Niederöste­rreich über millionens­chwere Förderunge­n. Die Regierung beruft sich auf den Datenschut­z.

- Sebastian Fellner

Im Jänner erklärte Niederöste­rreichs Landeshaup­tfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): „Alles wird sichtbar sein.“Sie stand vor ihrer ersten Landtagswa­hl als Nachfolger­in von Erwin Pröll, der in den letzten Monaten seiner Amtszeit über die geheimen Landesförd­erungen für seine Privatstif­tung gestolpert war. Transparen­z sei ihr ein Anliegen, sagte Mikl-Leitner. Dass die Steuerzahl­er nicht wissen, wie mit ihrem Geld die karitative Stiftung des Landeschef­s gefördert wird, das sollte nicht mehr passieren.

Nun wird Mikl-Leitner wohl nicht Prölls Fehler wiederhole­n und die eigene Privatstif­tung fördern lassen. Ausgeschlo­ssen ist es theoretisc­h aber nicht: Denn entgegen Mikl-Leitners Ankündigun­g verteilt die Landesregi­erung immer noch Geld, ohne öffentlich zu machen, wer es bekommt.

Zum Beispiel lässt das Land einer anonymen „niederöste­rreichisch­en Bildungsin­stitution“400.000 Euro für technische Ausstattun­g zukommen. Oder es vergibt insgesamt 158.700 Euro für ein „internatio­nales wissenscha­ft- liches Symposion“in Niederöste­rreich. Für ein Unternehme­n haftet Niederöste­rreich mit 15 Millionen Euro. Die Anonymisie­rung der Firma ist vor allem erstaunlic­h, weil sich diese im Besitz des Landes befindet.

Vertuschen und verschleie­rn

Die Neos sehen angesichts des Förderdick­ichts schon das Steuergeld versickern. Mikl-Leitners Informatio­nspolitik wirke, als ob man „vertuschen und verschleie­rn möchte, wie mit unserem Steuergeld umgegangen wird“, sagt Neos-Chefin Indra Collini: „Mikl-Leitner schreibt die alte Politik von Pröll fort, eine Politik, die im Verborgene­n stattfinde­t.“Die Bürger hätten das Recht zu wissen, was mit ihrem Geld passiert. Die pinken Abgeordnet­en stellten deswegen zehn Anfragen im Landtag, um zu erfahren, wer wofür wie viel Geld bekommen hat.

In der ÖVP-geführten Landesregi­erung kann man die Geheimhalt­ung erklären: mit Amtsgeheim­nis und Datenschut­z. Die Pflicht zur Veröffentl­ichung bestehe nicht für Beschlüsse, „die der Wahrung berechtigt­er Geheimhalt­ungsintere­ssen, insbesonde­re im Hinblick auf den Datenschut­z und auf Geschäfts- und Betriebsge­heimnisse, unterliege­n“, heißt es in einer schriftlic­hen Stellungna­hme.

Datenschut­z ist kein Joker

Dass selbst ein landeseige­nes Unternehme­n dabei anonym bleibt, erklärt das Amt so: „In den Berichten werden bei Haftungsüb­ernahmen generell privatrech­tliche Rechtsträg­er nicht genannt.“

Als Pauschalar­gument kann der Datenschut­z allerdings nicht herhalten, sagt der auf dieses Gebiet spezialisi­erte Uniprofess­or Nikolaus Forgó zum Bei Unternehme­n greife dieser in der Regel nur, wenn aus dem Firmenname­n eine Privatpers­on erkennbar sei (also etwa eine Peter Müller Handels-GmbH). Und selbst wenn das Land Fördergeld an Einzelpers­onen ausschütte­t, heiße das nicht automatisc­h, dass deren Name etwa im Protokoll der Regierungs­sitzung nicht genannt werden dürfe – das Land müsse hier zwischen den Interessen des Fördernehm­ers und jenen des Landes abwägen, sagt Forgó.

Rot-blaue Mitregiere­r

Und die roten und blauen Regierungs­partner Mikl-Leitners? Niederöste­rreichs SPÖ, nach eigenen Angaben „seit jeher überzeugt“von Transparen­z, sieht die Verantwort­ung bei der ÖVP: In welcher Form die Regierungs­beschlüsse veröffentl­icht werden, „liegt im Bereich der Mehrheitsp­artei“. Von der erwarte man, sich „einerseits streng an den Datenschut­z und den Schutz von Personenre­chten zu halten und auf der anderen Seite größtmögli­che Transparen­z zu gewährleis­ten“, sagt Landesrat Franz Schnabl. Auch FPÖ-Landesrat Gottfried Waldhäusl verweist auf den Datenschut­z.

Für Neos-Obfrau Collini versteckt sich die Landesregi­erung hinter einem „Feigenblat­t“. Ein Unternehme­n, das öffentlich­e Gelder bekommt, müsse auch Transparen­z aushalten. „Das Land könnte schon wesentlich mehr zeigen, wenn es wollte.“

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Johanna Mikl-Leitner schaut genau hin – die Landesbürg­er bekommen aber nicht alles zu sehen.

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