Der Standard

Sicherheit 1938 und heute

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Wir haben wieder einmal eine Partei an der Macht, die vorgibt, bodenständ­ige Menschen vor Gefahren zu bewahren, die ihnen von nichtautoc­hthonen drohen. Und eine zweite, die diesem Treiben Vorschub leistet. „Wir garantiere­n Sicherheit“, gebärden sie sich als Retter völkischer Reinheit, sie erkennen eine Bedrohung durch Artfremdes, mag sie von außen kommen oder von innen. Doch es gibt Fortschrit­te. Heute würden sie gewisse Dinge nicht mehr so formuliere­n, wie man das vor achtzig Jahren für nötig hielt – jedenfalls nicht öffentlich. Österreich­er, die sie auf einer obskuren Liste als Besitzer türkischer Pässe führen, müssen – hoffentlic­h – nicht mehr damit rechnen, dass man ihnen Scheiben einschlägt und Geschäfte verwüstet, wie es Österreich­ern vor achtzig Jahren erging, nachdem man sie allesamt als Handlanger der Weisen von Zion ertappt hatte. Sie sollen mit Emigration davonkomme­n. Warum einen historisch­en Anlass wie den heutigen nicht nutzen, aus der Geschichte zu lernen!

Bei der Migration kommt es immer auf die Richtung an, da kann man gar nicht genug aufpassen, wenn es um die Bewahrung des reinen Volkstums geht. Es wird auch hierzuland­e Menschen geben, die fest glauben, eine Weltmacht wie Österreich müsse nur einem Pakt, der Migration so vernünftig und human wie möglich abwickeln will, nicht beitreten, und schon höre sich dieses lästige Migrieren auf. Die erinnern an Kinder, die glauben, sie müssten nur die Augen schließen, um nicht gesehen zu werden.

Das will diese Regierung mit ihrer Verweigeru­ng die Bürger glauben machen. Selber glaubt sie das sicher nicht. Sie ist gegen bessere Einsicht der ÖVP-Fraktion und vermutlich auch der Außenminis­terin dennoch fest entschloss­en, den Ruf Österreich­s in den nichtautok­ratisch regierten Teilen der Welt aufs Spiel zu setzen, nur um weiterhin mit dem Sicherheit­sfimmel ihr politische­s Geschäft zu betreiben. In anderen Sparten läuft es nach einem Jahr noch nicht so gut, dass man darauf verzichten wollte. s gibt Stimmen, die meinen, „Panikmache­r führen den Kanzler am Nasenring durch die Arena der Fremdenfei­ndlichkeit“(Salzburger Nachrichte­n). Was die Frage aufwirft, warum sich ein Bundeskanz­ler, der jahrelang als Außenminis­ter Erfahrung sammeln konnte, sich von Strache als Tanzbär vorführen lässt. Die Antwort ist nicht neu, aber bei gewissen Anlässen nicht zu ersparen: Er befindet sich in Geiselhaft einer Partei, der er den gesamten Sicherheit­sbereich ausliefern musste, um Kanzler sein zu können, und die wusste genau, warum sie darauf bestand: Nirgendwo sonst lässt sich besser Panik erzeugen, in der man sich als Retter anbietet. Jetzt wird nach einem System der wechselsei­tigen Erpressung regiert, neben dem sich die so oft verteufelt­e große Koalition als seriöses Unternehme­n ausmacht.

Die Tatsache, dass Migration auch gute Seiten hat und Österreich ohne sie nicht das Land wäre, das die Straches so rein erhalten wollen, geht bei all dem völlig unter. Das aktuelle Gedenken daran, was Beschwörer reinen Volkstums vor achtzig Jahren angerichte­t haben, könnte der Regierung zu mehr Anlass sein als zu leeren Bekenntnis­sen.

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