Der Standard

Vom Mob getrieben

- Gudrun Harrer

Die Geschichte von Asia Noreen, medial bekannt als Asia Bibi, ist ein einziger Albtraum. Die nach einem dummen Nachbarsch­aftsstreit wegen angebliche­r Beleidigun­g des Propheten Mohammed nach dem pakistanis­chen Blasphemie­gesetz angeklagte Christin wurde 2010 zum Tode verurteilt. Vor kurzem hat das pakistanis­che Oberstgeri­cht das Urteil revidiert – worauf von der islamische­n Partei TLP verhetzte Menschenma­ssen mit ihren Protesten gegen den Freispruch das halbe Land lahmlegten. Asia Bibis Anwalt musste ins Ausland fliehen.

Asia Bibi hat nun nach Jahren das Gefängnis verlassen und ist laut pakistanis­chen Behörden an einem sicheren Ort. Da die Regierung von Imran Khan dem Mob jedoch offenbar zugesagt hat, dass der höchstrich­terliche (!) Freispruch nicht in Stein gemeißelt sei, beruhigt das nur wenig. Es gibt widersprüc­hliche Angaben darüber, ob die Frau Pakistan, wo sie dem Tod geweiht wäre, überhaupt verlassen darf.

Erst wenn Asia Bibis Flugzeug im Ausland gelandet sein wird, ist die pakistanis­che Regierung vom Vorwurf rehabiliti­ert, einer Gruppe primitiver Fanatiker zu erlauben, die öffentlich­e Ordnung und die Justiz auszuhebel­n. Zwar wird das Blasphemie­gesetz ohnehin kaum exekutiert: Aber wer nach diesem angeklagt ist, wird oft schon während des Prozesses umgebracht. Asia Bibi ist zum Symbol für diesen Wahnsinn geworden und ihr Schicksal zum Gradmesser für den Zustand Pakistans – und der islamische­n Welt.

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