Der Standard

Über dem Gesetz

- Birgit Baumann

Es sind grausliche Dinge, die man am Sonntagabe­nd im Polizeiruf 110: Für Janina (ARD) zu sehen bekommt, und zwar vonseiten der Polizei, wobei nicht einmal körperlich­e Übergriffe gemeint sind.

Im Präsidium steht eines Tages eine alte Ex-Polizistin aus DDR-Zeiten, die wieder einmal mahnt, bevor sie sterbe, müsse noch der Mord an ihrer Teenager-Tochter im Jahr 1988 aufgeklärt werden.

Bald ist klar: Der, der damals verdächtig­t, aber freigespro­chen wurde, war es tatsächlic­h. Er lebt als „braver Bürger“in Rostock, geschützt durch die Strafproze­ssordnung: Wer freigespro­chen wurde, darf wegen desselben Delikts nicht wieder angeklagt werden.

Und weil in der ARD die Themenwoch­e „Gerechtigk­eit“läuft, wollen Katrin König (Anneke Kim Sarnau) und Alexander Buckow (Charly Hübner) den Mann mit anderen Mitteln zur Strecke zu bringen.

Diese sind ärgerlich dümmlich (Gentest), billig (Denunziati­on) und werden von viel lautem „Fuck, fuck“-Geschrei sowie einer erbärmlich dünnen „Debatte“über den entspreche­nden Paragrafen garniert.

So viel Potenzial in der Story und dem Thema läge, so wenig wird zunächst genutzt. Dennoch ist der Film sehenswert, was natürlich am Spiel des Duos Sarnau/Hübner liegt. Auch nach 18 Folgen ist die Geschichte dieser Hassliebe noch nicht langweilig.

Richtig schlimm und doch noch packend wird’s am Schluss, als König zur „wütenden Vergeltung­spolizisti­n“mutiert und zum allerletzt­en Mittel greift, was auch bei Buckow die Hemmungen fallen lässt. Das kann so nicht stehenblei­ben. Nie haben ein Polizeiruf oder ein Tatort lauter nach Fortsetzun­g gerufen als dieser. p derStandar­d.at/TV-Tagebuch

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