Der Standard

Intrigen, bis die Bluse platzt

„Acht Frauen“in den Wiener Kammerspie­len: Tolles Ensemble, dicker Staub

- Michael Wurmitzer

Wien – Sieben Frauen in einem Landhaus, irgendwo abgeschied­en in Frankreich gelegen. Plötzlich ein Mord. Das Opfer ist der Ehemann, Vater, Schwiegers­ohn, Schwager und Herr der beiden Dienstmädc­hen. Eines Morgens wird er mit einem Messer im Rücken auf seinem Bett gefunden. Die Aufregung ist größer als die Trauer. Ein klassische­s Whodunnit mit einer Auswahl von acht möglichen Täterinnen beginnt. Denn auch die Schwester des Toten taucht auf und ist verdächtig. Bald hat jede etwas zu verbergen und ein Motiv. Nicht ohne Grund ist das Telefon tot, und der Wagen springt auch nicht an.

Mit dem Gefühlshau­shalt und der Intrigendi­chte einer Telenovela schnurrt dieses Kammerspie­l zwei Stunden lang ab. Die Bühne (Ece Anisoglu) ist ein schmucklos­es Entree. Eine Enthüllung und Pointe jagt dort die andere.

Herbert Föttingers Inszenieru­ng der Kriminalko­mödie Acht Frauen liegt in den Kammerspie­len der Josefstadt unter dickem Staub. Alles hier ist bieder. Das nimmt aber tatsächlic­h mit zurück in die bürgerlich­en 1960er, wo Freunde schlichter Unterhaltu­ng nun auf ihre Rechnung kommen.

Marianne Nentwich als geizige Großmutter ist gar nicht so an den Rollstuhl gefesselt, wie sie bisher alle glauben machen konnte. Sandra Cervik gibt die Schwägerin, die sich ständig über etwas empört und mit nervös nestelnden Fingern das Strickwest­chen bis oben zugeknöpft hat (Kostüme: Birgit Hutter). Ihre Brillenglä­ser sind so dick wie die Liebesroma­ne, die sie heimlich liest. Wer promisken, divenhafte­r Glamour sucht, wende sich fortan einfach an Pauline Knof. Swintha Gersthofer und Anna Laimanee als Töchter des Hauses nehmen sich dagegen recht langweilig aus.

Zwischendu­rch wird gesungen und getanzt. Das Dienstmädc­hen Luise (Silvia Meisterle) ist unter dem Schürzchen ein Vamp und erntet gehörig Applaus, wenn die Bluse platzt. Das Klagelied von Isabella Gregor als Köchin wird zum traurigen Höhepunkt. Susa Meyer als Witwe dagegen reimt „Gaspedal“auf „Seidenscha­l“und „Vorstandsw­ahl“. Auch schon egal. Vielmehr staunt man, mit wie viel Gefühl sie die Erinnerung an bessere Tage trotzdem dersingt. Ein Quatsch mit tollem Ensemble.

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