Der Botschaft beraubte Busen
„Obwohl es höchste Sicherheitsvorkehrungen gibt, ist es zu einem kleinen Zwischenfall gekommen“, sagte Johannes Marlovits, der Sprecher in der ZiB um 13 Uhr auf ORF 2 am Sonntag, bevor man den Beitrag über die Pariser Feierlichkeiten zum Ende des Ersten Weltkriegs vor 100 Jahren einspielte.
Der kleine Zwischenfall bestand aus zwei Frauen mit genau vier nackten Brüsten. Dass sie es überhaupt in den kurzen Meldungsblock schafften, ist Letzteren zu verdanken. Ansonsten erfuhr man nicht viel über die beiden Femen-Aktivistinnen und den Grund, warum sie sich in die Autokolonne des US-Präsidenten warfen, um sogleich entfernt zu werden.
Man sah zuvor den französischen Staatschef Emmanuel Macron und Gäste mit Regenschirmen und bei Glockengeläut einherschreiten. Man hörte ihn danach sagen, man dürfe nur einen Kampf führen – den des Friedens. Was auf den Oberkörpern der Frauen stand, konnte man im ORF-Beitrag weder lesen noch hören. Auf der FacebookSeite von Femen erfuhr man, dass unter anderem „Fake Peacemakers, Real Dictators“auf ihrer Haut prangte.
Femen wurde vor zehn Jahren in der Ukraine gegründet. Die Frauen der Organisation, die mittlerweile vom Pariser Exil aus operiert, hatten es zuvor angezogen mit politischem Protest gegen Diskriminierung und Unterdrückung versucht, wurden aber gar nicht wahrgenommen. Also zogen sie sich aus. Eine trotzig-konsequente Reaktion auf die vorherrschende Rezeption von Frauen in weiten Teilen der Gesellschaft. Auf Facebook erfuhr man also die Botschaft. Dafür waren hier die Nippel freilich verpixelt. Nippel und Botschaft: Das wäre ja noch schöner! 100 Jahre Frauenwahlrecht sind genug! p derStandard.at/TV-Tagebuch