Der Standard

Seehofers Teilrückzu­g

Als Parteichef geht er, Innenminis­ter will er bleiben. Der Abgang von Horst Seehofer (CSU) erinnert an jenen von Angela Merkel. Und die Ankündigun­g dürfte Markus Söder den Festtag vermiest haben.

- Birgit Baumann aus Berlin

Der Abgang von Horst Seehofer (CSU) erinnert an jenen Merkels: Als Parteichef geht er, aber Minister will er bleiben.

Da ist Markus Söder ( CSU) doch noch eine Überraschu­ng gelungen. Er selbst ist schon vor einigen Tagen als neuer Ministerpr­äsident von Bayern vereidigt worden. Am Montag schworen dann die Ministerin­nen und Minister seines neuen schwarz-orangen Kabinetts aus CSU und Freien Wählern im Landtag den Eid.

Und siehe da: Die CSU-Riege wird jünger und ein bisschen weiblicher. So wird sich die 33jährige Juristin Judith Gerlach um das neue Digital-Ministeriu­m kümmern. Die Freien Wähler hingegen besetzen ihre drei Ressorts mit drei Männern.

Doch wirklich auskosten konnte Söder seinen Triumph nicht. Denn Horst Seehofer stahl ihm ungeniert die Show, obwohl er nach der bayerische­n Landtagswa­hl (14. Oktober) stets verkündet hatte, er wolle die Bildung der neuen Regierung nicht mit Personalde­batten überschatt­en.

Am Wochenende war wieder viel spekuliert worden: Seehofer geht sofort, Seehofer geht Anfang Jänner, Seehofer geht sowohl als CSU-Chef als auch als Innenminis­ter – einige Varianten waren zu hören und zu lesen gewesen.

Am Montag, so dachten viele, würde Seehofer sich wohl nicht äußern. Schließlic­h war das der Festtag von Söder und dessen neuem Kabinett. Doch dann teilte Seehofer im sächsische­n Bautzen, wo er ein Polizeizen­trum besuchte, doch plötzlich mit: „Ich werde das Amt des Parteivors­itzenden der CSU niederlege­n.“Grund dafür sei aber nicht das schlechte Wahlergebn­is, sondern, dass sich die CSU verjüngern solle.

Nachfolger für Maaßen

Innenminis­ter will Seehofer aber bleiben. „Das Amt des Bundesinne­nministers ist von dieser Entscheidu­ng in keiner Weise berührt“, sagte er. Ihm schwebt also eine Lösung à la Merkel vor: Das Parteiamt wird aufgegeben, das Regierungs­amt behalten.

Als Innenminis­ter wird er dem Kabinett am Mittwoch auch vorschlage­n, Thomas Haldenwang, den bisherigen Vizepräsid­enten des Amtes für Verfassung­sschutz, zu dessen Chef und zum Nachfolger von Hans-Georg Maaßen zu machen.

Seehofer gelang es also gut, am Montag das Interesse auf sich zu ziehen – zumal er weitere Ankündigun­gen ankündigte. Im Laufe der Woche werde er mitteilen, wann genau er den CSU-Vorsitz abgebe. Da sei nämlich noch einiges zu klären, etwa: „Macht man es sofort? Macht man es erst in zwei Wochen?“

Schon nach der Bayernwahl hatte es viel Kritik an Seehofer gegeben. Zuletzt wandte sich auch der ehemalige bayerische Ministerpr­äsident und CSU-Chef Edmund Stoiber von ihm ab und erklärte, man solle den Parteivors­itz und das Amt des Ministerpr­äsidenten wieder in eine Hand legen.

Sonderpart­eitag geplant

Das bedeutet nichts anderes als: Söder soll auch den CSU-Vorsitz übernehmen. Darüber wird in München und auch in Berlin schon länger spekuliert. Söder selbst hat sich offiziell noch nicht geäußert, er soll aber bereit sein. Die Weichen könnten dann auf einem Sonderpart­eitag Anfang Jänner gestellt werden. Wird Söder gewählt, hätte er eine Machtfülle wie vor ihm Seehofer, Stoiber und Franz-Josef Strauß.

Zwar erlitt die CSU bei der Landtagswa­hl mit Söder als Spitzenkan­didat herbe Verluste, sie sackte von 47,7 auf 37,2 Prozent ab. Doch dieses große Minus wird vor allem mit Seehofer verbunden, Söder war bei der Wahl erst sechs Monate Ministerpr­äsident von Bayern.

Dass Seehofer Innenminis­ter bleiben will, kommt in Berlin bei SPD, Linksparte­i und den Grünen nicht gut an. „Es ist nicht souverän, Zeit zu schinden und noch einige Monate im Amt zu bleiben“, sagt Bundestags­vizepräsid­ent Thomas Oppermann (SPD) in der Rheinische­n Post. Und GrünenFrak­tionschefi­n Katrin GöringEckh­ardt meint: „Jeder Tag, den Seehofer Innenminis­ter bleibt, ist ein Tag zu viel. „Wenn es um die innere Sicherheit in unserem Land geht, darf es keine weitere Hängeparti­e geben.“

Linken-Vorsitzend­e Katja Kipping wünscht sich einen Nachfolger, der anders als Seehofer begreife, „dass zum Innenminis­terium auch die Aufgabe als Bauministe­r gehört und wir dringend mehr bezahlbare­n Wohnraum brauchen“.

Seehofer, der 69 Jahre alt ist, hat kein Mandat im bayerische­n Landtag, auch keines im Bundestag. Das Amt des Bundesinne­nministers, das er seit März 2018 innehat, wäre ohne CSU-Vorsitz die letzte Aufgabe.

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Foto: AFP / Christof Stache ... bis gänzlich klar ist, wann Horst Seehofer geht.
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Foto: Imago / Overstreet Markus Söder muss noch ein bisschen warten ...

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